Leverkusen Bayer 04 stoppt Fan-Sonderzüge

Leverkusen · Die Fanbetreuung der Werksprofis wird keine Sonderzüge zu Auswärtsspielen mehr anbieten. Die Bahntour nach Freiburg wurde abgesetzt. Auslöser des Beschlusses waren die ekelhaften Zustände in einigen Bayer 04-Fanzügen.

Leverkusen/Ukraine Die Notbremse wurde nach langen Diskussionen innerhalb der Fanszene gezogen: In den Zügen sah es teils "nicht schön" aus, sagte gestern Bayer 04-Kommunikationschef Meinolf Sprink im RP-Telefonat, während er mit dem Bayer 04-Fußballtross in der Ukraine gerade unter Polizeischutz in Richtung Stadion unterwegs war. Die Entscheidung gegen weitere Sonderzüge sei nicht aus Spargründen gefallen.

Während Pressesprecher Sprink die Lage in den Sonderzügen britisch vornehm umschreibt, spricht der Fanbeirat Klartext. Gegen weitere Zugfahrten spreche beispielsweise der "übermäßig, nicht mehr akzeptable Alkoholkonsum". Bereits nach einer Stunde Zugfahrt seien Abteile "vollgekotzt" gewesen. Und: "Meist sind die Jugendlichen betrunken und Erziehungsberechtigte ebenfalls". Demnach mussten in zwei Fällen Fans mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden.

Rechte Szene fiel auf

Die Beschreibung der offenbar skandalösen Zustände ist fast eine Seite lang. Weitere Auszüge zur Bilanz von Zugfahrten:

— Nach einer Stunde war schon eine Scheibe kaputt (insgesamt wurden es vier zerstörte Waggonscheiben).

— Es gab mutwillige Zerstörung von Abteilen: Gepäcknetze, Tische, zwei eingetretene Deckenverkleidungen, drei herausgerissene Abteiltüren.

— Zehn Vorhänge wurden abgerissen, 20 Kopfkissen aus den Fenstern geworfen.

Als ob dies nicht reicht, notiert der Fanbeirat als Negativbeispiele auch: "Pinkeln und Kotzen vor Türen, 70 Prozent der Toiletten/Waschräume waren vollgekotzt."

Viele Fans verhielten sich nach dieser Darstellung "sehr aggressiv" gegenüber dem Bahnpersonal, gegen BaySecure-Ordner und die Fanbetreuer, die auch mal körperlich angegriffen wurden. Es gab Schlägereien. Böller und anderes wurde aus den Zügen geworfen. Dazu fielen Fans durch "rechte Sprüche" und das Absingen des "Zyklon B-Liedes" auf. Alles protokolliert vom Fanbeirat als Argumente, warum das Angebot der Sonderzüge "vorerst" eingestellt wird. Selbst der vorbestellte Sonderzug nach Freiburg wurde kurzfristig abgesagt.

Pressesprecher Sprink bestätigt gestern, dass Bayer 04 "nicht glücklich" über das Geschehen in den Zügen sei. Jede Sonderfahrt kostet rund 25 000 Euro. Zwei bis drei Fahrten wurden pro Saison angeboten. Sprink: "Bayer 04 stellt nur das Geld." Die Entscheidung, diese Zugfahrten komplett einzustellen, sei allerdings durch die Fans getroffen worden. "Diese Fußballanhänger haben sehr engagiert, sehr ausführlich und sehr verantwortungsvoll die Lage diskutiert", lobte Sprink. Mit dem Zugstopp werde sicherlich ein Zeichen gesetzt, zumal laut Fanbeirat zuletzt immer mehr Fanclubs und langjährige Fans diese Sonderfahrten mieden.

Keinen Kontroll-Apparat aufbauen

Vieles ist hin- und herdiskutiert worden. Auch über zusätzliche Kontrollen vor der Abfahrt wurde gesprochen. Das Fazit des Fanbeirates lautete schließlich: "Bevor wir einen Kontroll-Apparat aufbauen müssen mit Regeln, Einschränkungen, noch mehr Ordnern, Mitfahrverboten und Komplettdurchsuchungen an den Gleisen — Sorry, da sagen wir NEIN!"

(RP)
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