Monheim Nach Unfall: Bahnen trennen sich von ihrer Gütersparte

Monheim · Der Geschäftsbereich ist seit 1987 defizitär – und wird nach dem Zugunfall als zu riskant betrachtet. Lokführer werden übernommen.

 BSM-Chef Hövermann trennt sich von der Gütersparte.

BSM-Chef Hövermann trennt sich von der Gütersparte.

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Der Geschäftsbereich ist seit 1987 defizitär — und wird nach dem Zugunfall als zu riskant betrachtet. Lokführer werden übernommen.

Die Bahnen der Stadt Monheim (BSM) trennen sich zum Ende des Jahres von ihrer Gütersparte. Diese Konsequenz wollen Bürgermeister Daniel Zimmermann und Geschäftsführer Detlef Hövermann aus den Ergebnissen der Risikobetrachtung ziehen, die man im Anschluss an den schwerwiegenden Güterzugunfall bei Gladbeck vorgenommen hatte. Nächste Woche soll der Aufsichtsrat der städtischen Tochter darüber befinden.

Die Gutachter hatten die fünf Großaufträge der Gütersparte in drei Risikogruppen unterteilt und danach bewertet, mit welchem Anteil das jeweilige Geschäft zur Deckung der Fixkosten beiträgt. Der Kunde, für den die BSM GmbH Gefahrguttransporte im Ruhrgebiet unternimmt — in diesem Zusammenhang ereignete sich der Unfall — , wurde in die höchste Risikogruppe eingestuft. "Wir sind da auf einem ortsfremden Netz für einen ortsfremden Kunden unterwegs", so Zimmermann. Da man sich also von diesem risikobehafteten Auftrag trennen würde und ohnehin noch ein weiterer Kunde wegfällt, würde sich das Gesamtergebnis der stark defizitären Gütersparte noch weiter verschlechtern.

Zimmermann legte dar, dass sich in diesem Geschäftszweig seit 1987, als die Shell-Raffinerie als Auftraggeberin wegfiel, die Fehlbeträge auf acht Millionen Euro summiert hätten. Die jährliche Transportleistung in Tonnage habe stets weit unter 50 000 gelegen, wobei sich die jährlichen Fehlbeträge im sechsstelligen Bereich bewegten. Auch nachdem die Tonnageleistung seit 2009 auf 200 000 gesteigert werden konnte, nahmen die Defizite nicht in demselben Maß ab. "Im Güterverkehr hat der Wettbewerbsdruck stark zugenommen, die Gewinnmargen sind sehr niedrig geworden", erklärte Zimmermann. Mit dem Wegfall zweier Kunden würde sich der Negativtrend also verstärken.

Gestern wurde die Belegschaft informiert. Mit den betroffenen beiden leitenden Mitarbeitern wurden Aufhebungsverträge vereinbart, die neun Lokführer werden in den Busliniendienst übernommen, sieben haben bereits einen Führerschein. Die personellen Konsequenzen können so milde abgefedert werden, weil Geschäftsführung und Betriebsrat nach drei Jahren des Streits endlich eine neue Betriebsvereinbarung geschlossen haben. Über diesen Zeitraum hatte es keine Neueinstellungen gegeben und ausscheidende Busfahrer waren durch Subunternehmer ersetzt worden. Gegenstand des Streits waren die unproduktiven Zeiten, in denen ein Bus steht oder zwischen Depot und Einsatzort bewegt wird. "Jetzt werdem jedem Mitarbeiter pro Tag 37 Minuten von der Arbeitszeit abgerechnet", berichtete Detlef Hövermann. Auch dieser Abschied von gewohnheitsrechtlichen Errungenschaften sei dem Wandel in der Branche geschuldet, man müsse wettbewerbsfähig bleiben.

Natürlich habe man schon früher darüber nachgedacht, sich von der Gütersparte zu trennen, räumte Zimmermann ein. Aber bisher sei zumindest die Grenzkostenrechnung positiv ausgefallen. Aber der Unfall habe das Risiko ins Bewusstsein gerückt. "Und es hätte ja auch viel mehr passieren können", so Hövermann. Der Aufsichtsrat müsste auch ein Konzept zur Abwicklung der Betriebsmittel, zum Beispiel der drei Loks, in Auftrag geben. Ihr Gleisnetz wollen die BSM behalten, so auch den Anschluss an die Firma Hammesfahr, die sich jetzt ein neues Bahnunternehmen suchen muss, das die Kosmetika aus Bayern von Langenfeld zum Lager im Gewerbepark schafft. Fraglich ist nur, welche Lok künftig den Salzburgwaggon zieht, wenn dieser als mobiles Ausflugslokal gebucht wird.

(RP)
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