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Im Gespräch „Erziehung muss Grenzen setzen“

Langenfeld · Der Neusser Erziehungswissenschaftler spricht am 14. März beim ökumenischen ACK-Forum im Langenfelder Flügelsaal.

 Bis hierhin und nicht weiter? Was im Straßenverkehr sinnvoll ist, gilt auch für andere Bereiche des Lebens. Eltern sollten ihren Kindern Vorbild und Halt sein, sagt der Erziehungswissenschaftler Albert Wunsch.

Bis hierhin und nicht weiter? Was im Straßenverkehr sinnvoll ist, gilt auch für andere Bereiche des Lebens. Eltern sollten ihren Kindern Vorbild und Halt sein, sagt der Erziehungswissenschaftler Albert Wunsch.

Foto: RP/dpa

„Grenzen-los? Bedeutung von Grenzen für Menschen“ – so lautet am Donnerstag, 14. März, das Thema der jährlichen Podiumsdiskussion der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Langenfeld. Das Impulsreferat hält der Neusser Erziehungswissenschaftler und Buchautor Albert Wunsch.

Herr Dr. Wunsch, in Ihren Büchern für Eltern plädieren Sie für eine Erziehung, die Grenzen setzt. Gibt es denn das Gegenteil, eine „grenzenlose“ Erziehung?


Wunsch
In der Tendenz schon, die 1968er wirken nach wie vor. Allerdings wird die grenzenlose Erziehung nicht mehr damit verbunden, sondern entspringt meist einer Pseudo-Nettigkeit bzw. starker Profillosigkeit der Erwachsenen. Ein anderer Grund für die Grenzenlosigkeit ist die fehlende Bereitschaft zur Auseinandersetzung. Wenn das Kind immer wieder etwas verlangt, geben zuviele Eltern irgendwann nach. Die Kinder wissen das.

Welche Folgen hat eine Erziehung, die zu wenig Grenzen setzt?

Wunsch Wenn die Eltern immer wieder nachgeben, werden die Wünsche der Kinder immer größer. Irgendwann sagt dann der 14-Jährige zu seiner Mutter: Wenn ich kein Mofa bekomme, schreibe ich schlechte Noten. Kinder empfinden Grenzen im realen Leben dann als eine persönliche Attacke gegen sich. Wenn dann der Moment kommt, in dem die Eltern nicht mehr können, dann kippt die Erziehung von antiautoritär in eine harsche autoritäre Grenzsetzung.

Und wie es mit zu engen Grenzen?

Wunsch Ich sage immer: Zu enge Grenzen töten, und Grenzenlosigkeit macht irre. Früher waren manche Grenzen nicht zu eng, sondern mangelhaft vermittelt. Es sollte zum Beispiel kein Fernsehverbot geben, weil das Kind die Hausaufgaben nicht gemacht hat, sondern das Kind sollte nicht Fernsehen können, weil es in dieser Zeit die Hausaufgaben nachholen muss. Das Lernen setzt dann ein, wenn ich die positiven oder negativen Folgen meines Handelns spüren darf.

Welche Grenzen sind für Partnerschaften empfehlenswert?

Wunsch Auch da gibt es Grenzen, auch in der Intimität. Ist die Bereitschaft auf beiden Seiten gegeben? Auch muss man verschiedene Auffassungen hinnehmen, wie zum Beispiel religiöse Überzeugungen.

Die tollen Tage stehen vor der Tür. Was sagen Sie zu Seitensprüngen und offenen Beziehungen?

Wunsch Ich sehe im Lebensstil der offenen Beziehung keine tragfähige Existenz. Der Mensch strebt gerade in intimen Bereichen nach Vertrauen und Verlässlichkeit. Hier sind wir geistig und körperlich am verletzbarsten.

Sind wenige Grenzen innerhalb einer Familie nicht eher positiv zu sehen?

Wunsch Eine Familie braucht ebenso Grenzen wie Offenheit. Wenn die 13-jährige Tochter Tagebuch führt, ist das ein Tabu für die anderen. Die Familie ist ein Intimraum, und auch hier sind die Grenzen zu achten.

Welche Grenzen sollten erwachsene Kinder gegenüber ihren pflegebedürftigen Eltern wahren?

Wunsch Die Willensbekundung ist immer ernst zu nehmen, auch wenn sie nicht umzusetzen ist. Zwei Dinge sind notwendig: das Grundverständnis eines würdevollen Umgangs; und die pflegenden Kinder müssen als Sohn oder Tochter selber – nicht nur nach Jahren – erwachsen geworden sein.

Im öffentlichen Raum gibt es zunehmend Grenzüberschreitungen, wie Pöbeleien oder Gewalt. Wie erklären Sie sich das?

Wunsch Das hat massiv mit der Erziehung zu tun. Es herrscht eine Respektlosigkeit, auch der Anstand ist verloren gegangen. Die Leute nehmen die Freiheit für sich in Anspruch, haben aber nicht mehr im Blick, dass mit jeder Freiheit auch eine Grenze verbunden ist.

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