Krefeld Der Musik-Humorist

Krefeld · Hans Liberg gastiert am Sonntag im Seidenweberhaus. Der Niederländer spricht über Unterschiede zwischen deutschem und niederländischem Humor, über Stolz und über die Kunst, Marmelade zu kochen.

 Der Kontrabass ist eines von 20 Instrumenten, die Hans Liberg spielt. Sonntag, 20 Uhr, tritt der Humorist im Seidenweberhaus auf.

Der Kontrabass ist eines von 20 Instrumenten, die Hans Liberg spielt. Sonntag, 20 Uhr, tritt der Humorist im Seidenweberhaus auf.

Foto: thomas mayer

Ihr neues Programm heißt wie Ihre Autobiografie "Ick, Hans Liberg". Das Publikum wird also erfahren, wer Sie sind. Brauchen Sie dazu zwei Stunden oder können Sie das auch in zwei Sätzen formulieren?

Hans Liberg (lacht) Ich habe ja immer gezeigt, wer ich bin: chaotisch und mit vielen Anschlägen pro Minute. Es ist schon ein autobiografisches Programm, aber nicht die ganze Zeit. Ich werde aber Dinge erzählen, die ich auf der Bühne nie erzählt habe.

Zum Beispiel?

Liberg Wie ich aufgewachsen bin in Amsterdam im Viertel de Jordaan, wie musikalisch es dort war. Dort hat man nur Platt gesprochen. Auch Rafael und Sylvie van der Vaart stammen von dort. Heute sehen sie schick aus, aber früher haben sie nur Platt gesprochen. Natürlich überspitze ich alles, ich zeige schon die Wahrheit, aber nicht die Wirklichkeit. Die Leute sollen dieses Retro-Gefühl haben von Götterspeise und Muckefuck — was für zu Hause steht.

Sie sind ständig auf Tour, welche Qualität hat "zu Hause" für Sie?

Liberg Früher war ich immer gerne auf Tour. Da war alles spannend. Das ist es jetzt auch noch, aber ich gehe nicht mehr so gern auf Tour. Hotels sind unpersönlich und nicht sehr interessant. Deshalb ist Deutschland für mich gut, man ist schnell wieder zu Hause. Heimat ist etwas Tolles — auch um daran zu denken, wenn man unterwegs ist. Aber ich fühle mich überall zu Hause, denn ich bin nirgends Tourist: Wo ich hinkomme, da habe ich etwas zu tun.

Sie spielen 20 Instrumente, sprechen mehrere Sprachen, kennen sich in Kunst und Literatur aus — ist Multibegabung ein Glück oder eher Bürde?

Liberg Ach, das wird übertrieben. Wer Gitarre spielen kann, kann auch Mandoline spielen. Ich würde sagen: Ich benutze die Instrumente. Ehrlich gesagt, ich bin kein guter Trompeter, aber ich kann so spielen, dass alle denken, ich sei Miles Davis. Das ist wie bei einem Maler: So kann ich die Farben von Gitarre und Trompete benutzen für mein Gemälde. Das ist ein tolles Gefühl, und es wirkt auf die Leute sympathisch — egal ob in Europa oder Afrika. Ich muss das machen, ich bin so.

Eines Ihrer vielgerühmten Talente ist das Marmeladekochen. Was macht denn eine gute Marmelade aus?

Liberg Viel Obst. Aber es ist eigentlich gar nicht schwierig. Es hat begonnen im Urlaub in Frankreich. Nach ein paar Tagen habe ich überlegt, was ich tun soll. Auf dem Markt gab es tolle Aprikosen. Also habe ich angefangen, Marmelade zu kochen. Wenn ich in Frankreich bin, gibt es immer Aprikosenmarmelade, in Hamburg Erdbeermarmelade. Dann hat man auch immer was zu verschenken.

Und kann beim Kochen nachdenken.

Liberg Ja, das stimmt.

Haben Sie dabei auch schon mal den Begriff Humor definiert?

Liberg Humor heißt, die Wahrheit erzählen, aber so, dass die Menschen sehen, dass wir Lügner sind. Humoristen halten einen Spiegel vor, in dem man erkennt, wie lächerlich alles ist. Sie relativieren das menschliche Leben. In Humor stecken die Worte human und Humus — Menschlichkeit und Nährboden. Man kann die Welt nicht verstehen, aber darüber lachen, dass es anderen genauso geht.

Worauf sind Sie stolz?

Liberg Auf viele Sachen, für die ich gar nichts kann. Zum Beispiel, dass meine Kinder ziemlich glücklich sind, dass sie sich entwickeln konnten. Auch wenn das gar nicht in der eigenen Hand liegt. Ich bin kein ambitionierter Mensch, der nach Preisen strebt. Es ist toll, dass sie gekommen sind. Aber mir ging es darum, mit Humor und Musik etwas zu machen, das vielleicht den Leuten gefällt, und davon leben zu können. Ich bin stolz darauf, dass ich seit 34 Jahren immer pünktlich um 20 Uhr auf der Bühne stehe. Und ich bin auch stolz, wenn man meine Marmelade lobt.

Es ist eine Pflichtfrage, wenn ein Niederländer in Deutschland mit seinem Humor begeistert: Über welches deutsche Klischee lachen die Holländer?

Liberg Wir machen eigentlich mehr Witze über die Belgier. Aber bei uns gilt das Klischee, dass die Deutschen wenig Humor haben. Da gibt es den Witz von den drei dünnsten Büchern der Welt: "100 Jahre italienische Kriegsführung", "200 Jahre englische Kochkunst" und "500 Jahre deutscher Humor". Ich bin damit nicht einverstanden, ich glaube, man muss das differenziert sehen. Humorist sein funktioniert in Holland ziemlich gut: Es ist ein kleines Land, es gibt keine Zielgruppe und wir sind lockere Typen. Wir mussten als kleines Land immer mit anderen verhandeln, das heißt, wir sind es gewohnt, schnell umzudenken, uns international zu orientieren. So sind viele Einflüsse — zum Beispiel von Großbritannien — dazugekommen. Das macht den Humor besser. Deutschland ist groß und unabhängig und nicht so sehr zur Offenheit genötigt.

Lachen Deutsche über andere Dinge als die Holländer?

Liberg Die Holländer sind frecher, das deutsche Publikum anständiger. Mit Witzen über Kirche und Erotik muss man in Deutschland aufpassen. In Deutschland denkt man oft, die Niederländer gehen mit der Erotik zu weit. Das finde ich allerdings nicht. Es ist doch ein tolles Thema.

Petra Diederichs stellte die Fragen.

(RP/rl)
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