Krefeld Credo für Deutschland als Code

Krefeld · Eine Lichtinstallation von Frank Louis sendet ab heute aus der Pförtnerloge der Fabrik Heeder eine Botschaft.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte den Deutschland-Satz vor genau drei Jahren als Außenminister. Der Künstler Frank Louis (r.) codierte ihn und setzte ihn als Lichtfolge um. Die Installation in der Pförtnerloge der Fabrik Heeder ist bis zum 9. März zu sehen. Abends leuchtet die Botschaft durch die Dunkelheit.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte den Deutschland-Satz vor genau drei Jahren als Außenminister. Der Künstler Frank Louis (r.) codierte ihn und setzte ihn als Lichtfolge um. Die Installation in der Pförtnerloge der Fabrik Heeder ist bis zum 9. März zu sehen. Abends leuchtet die Botschaft durch die Dunkelheit.

Foto: ped (2), dpa

Anfassen geht nicht: Das gilt für jede Ausstellung in der Pförtnerloge der Fabrik Heeder. Denn der kleine Raum ist für Publikum außerhalb der Vernissagen nicht zugänglich. Die Kunst lässt sich nur von draußen betrachten - durch die Fenster an drei Seiten. Für Frank Louis ist das eigentlich eine denkbar schlechte Ausgangssituation. Der 51-Jährige ist Bildhauer und bevorzugt Materialien, die den Wunsch erwecken, dass man sie berührt. "Für mich war es spannend, mich da auf etwas ganz Neues einzulassen", sagt Louis.

Das Neue sind Demogitter und Baustrahler. Daraus hat Frank Louis einen "Brutkasten" gebaut, der bis zum 9. März jeden Abend ab Anbruch der Dunkelheit Lichtbotschaften in die Stadt senden wird. Die Vernissage ist heute um 19.30 Uhr.

Lang, kurz, kurz, Pause, kurz, Pause, kurz, kurz, lang. So beginnt der Licht-Rhythmus von einem halben Dutzend LED-Baustrahlern, die Louis umsäumt von Absperrgittern, die ihm die Stadt Krefeld zur Verfügung gestellt hat, auf dem Parkett des Ausstellungsraumes platziert hat. Die Licht-an-Licht-aus-Folge ist nicht beliebig. Sie hat einen Sinn, der sich denen erschließt, die ihn entziffern können - weil sie das Morse-Alphabet kennen. Louis hat einen Satz des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zur Grundlage genommen, den der - noch in seiner Amtszeit als Außenminister - am 26. Januar 2015 in der Lausitzer Rundschau gesagt hat: "Deutschland ist und bleibt ein weltoffenes Land." Die Worte hat Louis in Morsecode übertragen und in Lichtsequenzen umgesetzt. So strahlt nun allabendlich ein Credo für Deutschland aus der Fabrik Heeder in die Dunkelheit.

"Das muss man aber nicht wissen", sagt Louis. Er ist keiner, der Eindeutigkeiten schätzt. "Kunst soll animieren, Dinge zu entdecken und über Dinge nachzudenken. Wenn man glaubt, einen Sinn gefunden zu haben, ist es vielleicht auch das Gegenteil dessen, was gemeint ist. Das sinnliche Erleben ist mir wichtig." Vorher habe er noch nie mit politischen Zitaten gearbeitet. Aber: "In Anbetracht der politischen Situation in Deutschland interessierte es mich, die Aussage von Repräsentanten des Staates zur Offenheit der deutschen Gesellschaft als Frage in die Stadt zu senden."

Auch über den Titel seiner Installation setzt Louis Vorstellungen frei: "Ein Brutkasten ist der Ort, an dem etwas heranwächst, um außerhalb existieren zu können", sagt er. Die Metallgitter, die ein 2,5 mal fünf Meter großes Rechteck abzäunen, können als Schutzzaun verstanden werden, für das, was darinnen ist. Sie bilden eine Abgrenzung. Eine Grenze. "Das passt zum Ort", findet Louis. Denn in diesem Eingangsraum zur Fabrik Heeder saß einst ein Pförtner, der kontrollierte, dass kein Unbefugter sich Zutritt verschaffte. Ein Ort permanenter Kontrolle, ein Grenzgebiet mit gleißend hellem Licht - das weckt heute auch andere Assoziationen: Licht als Foltermittel. Auch solche Assoziationen will Louis. Seine Lampen strahlen mit der Kraft von 96.000 Lumen, das entspricht 10.000 Watt. Wer nah daran steht, spürt das unangenehm in den Augen. Dann wandert der Blick an die Wand des Ausstellungsraumes und sieht geheimnisvolle Schattenspiele der Gitterstäbe. "Die Schatten haben mir den Standort für die Lampen vorgegeben", erläutert der Künstler. Dem Zufall hat er nichts überlassen, nicht einmal das vermeintliche Chaos, das er mit den langen Kabeln im "Sperrbezirk" andeutet.

Louis ist 1966 in Hannover geboren. An der Fachhochschule Niederrhein hat er bei Professor Dieter Crumbiegel Keramik-Design studiert, später Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Seit 2006 ist er Professor in der Abteilung Plastische Konzeption/Keramik an der Kunstuniversität Linz. Seine künstlerischen Arbeiten nehmen immer Bezug auf den Raum. Das machte ihn interessant für die Pförtnerloge. Die Ausstellungsreihe, die der Berufsverband Bildender Künstler (BBK) Niederrhein mit Unterstützung des Kulturbüros veranstaltet, geht ins sechste Jahr. In diesem Jahr gibt es auch eine Förderung des Kulturwerks der VG Bild-Kunst.

Vernissage heute, 19.30 Uhr, Pförtnerloge Fabrik Heeder, Virchowstraße 130. Einführung: Anne Rodler (Museum Kunstpalast, Düsseldorf)

(RP)
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