Krefeld Architekturwunder hinter Glas gesprayt

Krefeld · Das Cover der Kraftwerk-LP "Autobahn" hat ihn berühmt gemacht. In der Villa Heusgen zeigt Emil Schult neue Arbeiten.

 Galeristin Petra Josephs vor Emil Schults "Empire State Building". Die Skyline (unten) zeigt den Donald-Trump-Tower. Die LED-Beleuchtung wechselt die Farbe. Zu dieser Arbeit wurde Schult bei einem abendlichen Spaziergang durch die Straßen von New York inspiriert. Links auf der Säule ein "Art Deco"-Kopf.

Galeristin Petra Josephs vor Emil Schults "Empire State Building". Die Skyline (unten) zeigt den Donald-Trump-Tower. Die LED-Beleuchtung wechselt die Farbe. Zu dieser Arbeit wurde Schult bei einem abendlichen Spaziergang durch die Straßen von New York inspiriert. Links auf der Säule ein "Art Deco"-Kopf.

Foto: t. lammertz

Wer in den 1970er Jahren Musik gehört hat, der kennt zumindest ein Werk von Emil Schult: Das blau-weiße Cover von "Autobahn", dem Album mit der die Band Kraftwerk 1974 ihren großen Durchbruch hatte. Auf der Vergangenheit herumzureiten, liegt dem 67-Jährigen nicht. Aber die Klarheit im Stil findet sich auch in den aktuellen Arbeiten. Die Galeristin Petra Josephs zeigt 20 Arbeiten von Schult, die er exklusiv für ihre Galerie geschaffen hat: "Masterworks II" hat heute mit geladenen Gästen Vernissage in der Villa Heusgen. Interessierte können ab Montag Besichtigungstermine vereinbaren.

Masterworks - Meisterwerke: Das bezieht Schult nicht auf seine Arbeiten, obwohl seine Hinterglasmalereien hohes Können verraten, wenn man sich auf die Details einlässt. Er ist in der Bauhaus-Stadt Dessau geboren, hat bei Dieter Roth, Joseph Beuys und Gerhard Richter studiert.

Meisterwerke sind die Motive seiner Großformate: "Legendäre Architekturwunder des amerikanischen Art Deco", nennt es Josephs. Es sind die Sensationen aus den 1920er und 1930er Jahren. Das Empire State Building war bis 1972 das höchste Gebäude der Welt mit rund 443 Metern bis zur Antennenspitze. Das 1931/32 errichtete Monument versetzte die Welt in Staunen. Auch das Rockefeller Center - 21 Wolkenkratzer mit 70 Stockwerken - war in den Zwanziger Jahren atemberaubend. Die Zeit lässt Superlative schrumpfen. Schult gibt ihnen mit seinen Arbeiten neuen Glanz. "Hyperrealistische Hinterglasmalerei" nennt er seinen Stil. Er wählt sich eigene Perspektiven - und gibt seinen Arbeiten so eine eigene Anmutung. Sie kopieren nicht Existierendes, auch wenn alles gleich erkennbar ist. Schult schafft ihnen eine eigene Wirklichkeit - und vertuscht das nicht. In der "Über-Wirklichkeit" schafft er wieder die Aha-Erlebnisse, jenes Staunen, das Zeitgenossen früher empfunden haben mögen. "Wenn es die Aufgabe des Schusters ist, Schuhe zu besohlen, oder die des Arztes, uns gesund zu machen, ist es die Aufgabe des Künstlers, uns das Sehen beizubringen", sagt er. Auch das Sehen der errungenschaften aus der Vergangenheit.

Schults Adaption des Empire State Buildings hat seine Präsenz durch die nach unten fließenden Strahlen. Schult malt nicht mit Pinsel hinter Glas, er benutzt den Airbrush und sorgt mit Gold, Silber und Aluminium-Schlagblech für ein Leuchten, das den Bildern Tiefe gibt. In "Building of Light" zeigt er die Skulptur an der zwölf Meter hohen Fassade des Elektrizitätswerks von Brooklyn. Die Figur hat die Jugendstil-Schönheit, die er auch in "La Danse" abbildet - einer Adaption des Bronzereliefs über dem Haupteingang des Varietétheaters Folies Bergère in Paris. Die strenge Geometrie der Formen und der silberhelle Glanz zeigen in beiden Bildern die Eleganz, mit der Modernität in jener Zeit einherging. In diesem Sinne sind Schults Bilder schön. "Er sieht sie nicht als ernste Kunst", sagt Petra Josephs, seit 14 Jahren Galeristin Schults. Doch es steckt nicht nur Handwerk in den Bildern: Makellos wirken sie auf den ersten Blick, der feine Farbnebel der Airbrush-Pistole legt sich mit absoluter Exaktheit auf die Metallelemente, die bei der Hinterglastechnik immer zuerst aufgebracht werden. Wer den Linien folgt, die die Farbbereiche scharf von einander abtrennen, wird immer irgendwo eine kleine, vollkommen beabsichtigte Unvollkommenheit entdecken, die Spannung bringt.

Seit gut 20 Jahren arbeitet Schult mit der Technik des Hinterglasmalens. Der Betrachter sieht das Bild wie durch ein Fenster. Das gefällt dem Künstler, der den Umgang des Menschen mit Ressourcen und Technik zu seinem Thema gemacht hat: "Wir leben in einer Welt der Hinterglas-Ästhetik. Dabei denke ich an Fernsehen, Computer oder im Auto oder beim Window-Shopping: In jeder Situation sind wir durch eine Glasscheibe getrennt."

(RP)
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