Kleve Der Mensch im Mittelpunkt

Kleve · Vor 100 Jahren wurde der Klever Fotograf Fritz Getlinger geboren. Der spätere Kulturpreisträger der Stadt Kleve dokumentierte als RP-Fotograf das aus Ruinen neu entstehende Kleve, das Leben am Niederrhein. Er porträtierte zahlreiche Persönlichkeiten, seine Bilder wurden weltweit ausgestellt.

Zeit seines Lebens hatte Fritz Getlinger Projekte. Bücher, Ausstellungen, Kalender. Es waren Projekte, die von einem schier unerschöpflichen Fundus von Bildern lebten. Bilder, die als Ausstellung weltweit tourten. Bilder aber auch, mit denen er wie kaum ein anderer jene Zeit Kleves dokumentierte, in der die Stadt aus Ruinen neu erstand, sich von der Zerstörung des Zweiten Weltkrieges erholte und zu der Stadt von heute entwickelte. Fritz Getlinger war dabei als Pressefotograf für die Rheinische Post ebenso wie als Künstler immer auf der Suche nach dem perfekten Foto. Er wäre heute, 21. Juni, 100 Jahre alt geworden.

Im Mittelpunkt stand bei ihm, als RP-Fotograf und auch in den freien Fotografien, der Mensch. Er porträtierte die Großen und Berühmten wie den Menschen von nebenan. Sein letztes Projekt trug seinen Namen: "Fritz Getlinger. Joseph Beuys und die Straßenbahnhaltestelle".

Die Ausstellung im Museum Kurhaus mit Katalog zeigte einen bedeutenden Ausschnitt aus seinem Lebenswerk. Getlinger starb 87-jährig 1998 kurz vor dessen Fertigstellung. "Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit hat Getlinger das Museum Kurhaus Kleve bis zum Schluss besucht, um über die geplante Ausstellung zu sprechen. Das Katalogbuch hat er bis ins Detail entworfen und gegliedert.

Als er am 19. November starb, hinterließ er es in der Form eines 'Dummy' als Vermächtnis", erinnert sich Kleves damaliger Museumsdirektor Drs. Guido de Werd. Mit Fritz Getlinger starb an diesem Tag einer der Männer, die in Kleve als die großen "G" geführt und in einem Atemzug genannt wurden und als solche die ersten Kulturpreisträger der Stadt waren: Dr. Friedrich Gorißen, Prof. Walter Gieseler und nicht zuletzt Fritz Getlinger.

Er wurde 1911 in Retz in Niederösterreich geboren. 1933 legte er die Meisterprüfung als Friseur ab, nachdem er 1930 seinen Gesellenbrief erhalten hatte. Seine erste Kamera kaufte er mit 17. Es war eine Plattenkamera. Sein erstes überliefertes Foto ist übrigens ein Bild seiner Mutter. Schon damals trickreich auf die hell-dunkel-Kontraste achtend.

Der Österreicher wurde 1940 noch im Jahr seiner Eheschließung mit Josepha Ortmann eingezogen, kämpfte in Russland unter anderem in der Schlacht um Demjansk und war gegen Kriegsende als Fallschirmjäger zwischen Emmerich und Arnheim eingesetzt. In Rotenburg an der Wümme fand er wieder zu seiner Frau und seiner 1941 geborenen Tochter Katharina.

1948 bekam Josepha Ortmann-Getlinger ein Engagement am Theater am Niederrhein in Kleve. 1949 besuchte Getlinger in Hamburg einen ersten Kurs als Profi-Fotograf, machte bei Filmaufnahmen Standphotos von Filmgrößen wie Hans Söhnker oder Marianne Hoppe. 1950 folgte er seiner Frau nach Kleve.

Er kam in eine völlig zerstörte Stadt am Niederrhein. Hier in Kleve sollte der Österreicher bald seine wirkliche Profession finden: Die Fotografie, jenes Genre, zu dem ihm seine Frau immer geraten hatte. In Kleve lebte er von 1964 bis zu seinem Tod in seinem Haus an der Weberstraße. Josepha Ortmann starb 1981.

Im Turm des Malers Hanns Lamers, dem Belvedere hinter Haus Koekkoek, wurde der Grundstein für einen bedeutenden Abschnitt seines Werkes gelegt: Die Freundschaft zu Joseph Beuys. Später sollten die Fotos, die Getlinger von den Kunstwerken des Bildhauers machte, dazu beitragen, dass Beuys die Professur an der Akademie in Düsseldorf bekam. 1950 ist es Beuys noch ohne Hut, am Fenster des Turms oder versonnen einen Stein ritzend, den seine Fotos zeigen. Später sind es die Werke von Beuys, die Getlinger nicht wie damals üblich als Bild wie für einen Katalog fotografiert, sondern lebendig werden lässt.

Wieder sucht er die Kontraste, arrangiert er die Werke.

(RP/jul)
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