Erinnerungen an die Ordensfrauen „Mülhausen war meine zweite Familie“

Grefrath · Die Schwestern sind in Mülhausen verabschiedet worden. Wir haben nach Erinnerungen unserer Leserinnen an die Ordensfrauen gefragt. Hier sind ein paar der Antworten.

  Es wurde nicht nur gebetet und gelernt im   Kloster Mühlhausen, sondern man konnte   gelegentlich auch zünftig feiern, schrieb uns    Angelika Elspass, Abiturjahrgang 1967. Hier ist Schwester Maria Corda bei einem Klassenausflug mit Reibekuchenessen zu sehen.

Es wurde nicht nur gebetet und gelernt im Kloster Mühlhausen, sondern man konnte gelegentlich auch zünftig feiern, schrieb uns Angelika Elspass, Abiturjahrgang 1967. Hier ist Schwester Maria Corda bei einem Klassenausflug mit Reibekuchenessen zu sehen.

Foto: Angelika Elspaß

Christiane Wilke: Ich war von 1984 bis 1994 - eine Ehrenrunde in der siebten Klasse - Schülerin an der LFSM. Meine Klassenlehrerin war ab der siebten Klasse Sr. Maria Bernade. Sie machte einen guten Job, sorgte aber auch für einige Lacher. Sie wollte zum Beispiel die andere Seite der Videokassette drehen als die Vorführung einmal nicht funktionierte. Sr. Leonia war bei uns Schülern sehr gefürchtet. Sie war verantwortlich für die Bücher der Schule und wirklich ein „Drache“. In der Oberstufe durfte ich in ihrem Büro aushelfen und muss sagen, ein wirklich feiner Mensch mit einem tollen Sinn für Humor.

Insgesamt betrachte ich meine Schulzeit an der LFSM immer noch als sehr schön. Als ich meine Tochter vor Jahren dort angemeldet habe, waren mein Deutschlehrer, mein Englisch- und Geschichtslehrer, meine Kunstlehrerin, meine Mathelehrerin und mein Englisch-LK Lehrerin immer noch aktiv. Mein Deutschlehrer hat mich nach 25 Jahren an der Stimme erkannt, Sr. Petra, meine Mathe-GK wusste noch meinen Namen und schüttelte unglaubig den Kopf, als ich erwähnte, dass ich mit Quotenberechmung und Masseverteilung in der Insolvenzverwaltung mein Geld verdiente. Meine Mathematiknote war ihr auch noch präsent.

Meine Tochter hat dieses Jahr ihr Abitur gemacht und schaut jetzt auch schon ein wenig wehmütig auf ihre Schulzeit zurück.

Viktoria Funken: Hier eine bleibende Erinnerung aus meinem ersten Schuljahr an der LFSM 2000/2001: In meinen ersten beiden Schuljahren an der Liebfrauenschule war Sr. Maria Petra meine Klassenlehrerin. Sie hatte ein Mordsgedächtnis und kannte gefühlt alle Schüler der gesamten Schule beim Namen.

An meinem ersten Altweiberdonnerstag an der LFSM waren die meisten aus unserer Klasse verkleidet - das ging bei Sr. Petra aber natürlich nicht! Allerdings erklärte sie sich gerne dazu bereit, sich von uns den Pony, der unter ihrem Schleier hervorkam, bunt ansprühen zu lassen. Damit war sie an diesem Tag für uns alle nur noch „Punk-Petra“!

Ich war dort von 1952 bis 1959, davon die letzten drei Jahre bis zum Abi im Internat!

Gerta Klinkhammer: Meine Erinnerungen sind sehr positiv! Mülhausen war meine zweite Familie, da ich sehr früh meine Mutter nach der Geburt des fünften Kindes verloren hatte und Schwester M. Julia , die Internatsleiterin, mich sehr gern mochte. Heut bin ich 84, habe selbst vier Kinder und neun Enkelkinder und denke oft an die Zeit in Mülhausen, an die wunderbaren Wandertage mit der ganzen Klasse. Für das Schöne am Wegesrand in der Natur wurden uns die Augen geöffnet.

Es wurde auch Karneval in der Turnhalle mit entsprechender Musik wild gefeiert, natürlich ohne Jungs. Aber wir hatten trotzdem unseren Spaß! Später habe ich bis zum ‚Abi vor 60 Jahren‘ , d.h. bis 2019 alle fünf Jahre ein Treffen der beiden Abiturklassen organisiert. Mehrfach hat es im Kloster stattgefunden, alle haben sogar in den schon bekannten Räumlichkeiten übernachtet! Die Schwestern haben uns dann sehr verwöhnt.

Nun haben sie alles verkauft bis auf das Haus Salus,in dem nur noch einige Schwestern ihren Lebensabend verbringen können! Es will keiner mehr ins Kloster gehen und die, die noch da sind, sind alt! So ist das halt.

Dorothee Borsbach: In jeder Schülergeneration haben kleine Sextaner viel Neues zu entdecken. Aber in Mülhausen gab es für mich in der Sexta 1959/60 außer dem riesigen Schulgebäude und dem wunderschönen Park vor allem die Lehrerinnen: nämlich für jedes Unterrichtsfach eine Ordensschwester. Das neue Fach Englisch wurde von Sr. Ambrosina unterrichtet. Ihre Lehrmethode war veraltet und in jeder Stunde gleich. Wir durften nur auf der Vorderkante des Stuhls sitzen, was die Aufmerksamkeit erleichtert – und das Aufstehen bei den Antworten. Aber bei ihr habe ich das Lernen gelernt: Vokalbeltest zu Beginn jeder Stunde, Wortarten, Konjugieren, Deklinieren. Diese Systematik im Unterricht bei Sr. Ambrosina kam mir beim Erlernen jeder weiteren Sprache zugute. Ihren Wahlspruch, den sie selbst lebte und uns vermittelte, habe ich nie vergessen: „Was du tust, das tue ganz!“

Eine weitere hochbetagte Schwester habe ich in der Sexta kennengelernt: Sr. Bonifaz, Religion. Sie strahlte Begeisterung aus, Humor und Liebe zum Unterrichten. Trotz ihres Alters war ihre Methode immer wieder neu, überraschend, spontan. Einmal ist sie während einer Religionsstunde mit uns losgewandert, um der Kindergärtnerin in Oedt ein Ständchen zum Namenstag zu bringen. „Wer nur den lieben, langen Tag ohne Plag, ohne Arbeit vertändelt, wer das mag, der gehört nicht zu uns.“

In unserer Sexta gab es auch ganz junge Schwestern, beispielsweise Sr. Corda, Sr. Lioba oder Sr. Irmengarde. Letztere unterrichte bei uns Biologie, wegen seiner Anschaulichkeit schon immer mein Lieblingsfach. Für diese jungen Schwestern taten wir alles. Nie mehr habe ich für ein Fach so viel Fleiß und Ausdauer aufgebracht wie für Biologie bei Sr. Irmengarde. Die Hefte und Herbarien, die ich „für sie“ angefertigt habe, gehören zu den schönsten meiner ganzen Schulzeit. Am 26. August in diesem Jahr habe ich Sr. Irmengarde bei der Verabschiedung die Hand schütteln können. Sie lebt im Haus Salus.

Eine Episode zum Schmunzeln: Sr. Edelgarda regierte als Fachfrau für Textilgestaltung im siebten Stock. Sie verpasste jeder Sextanerin eine von ihr genähte, schwarze Turnhose, treffender gesagt: Beinkleider, die bis über das Knie reichten. Wir aber schoben den Gummibund natürlich hoch bis in die Leistengegend. Nur wenn „Ju“ (die strenge Sr. Julia) uns auf dem Weg zur Turnhalle begegnete, wurden die Hosenbeine runtergelassen.

Auch außerhalb des Unterrichts trafen wir viele beeindruckende Persönlichkeiten – beispielweise Sr. Adolfine, die mit Begeisterung und Geschick die ganze Schule blitzblank sauber hielt. Schon in der Sexta fiel sie mir auf, wie sie die Fenster putzte, bis in den siebten Stock, stehend auf dem Fenstersims, ohne Sicherung, aber mit viel Gottvertrauen. Und Sr. Syrilla: Als ältere Schwester trug sie einen riesigen Suppenkessel von der Großküche bis zum Externenzimmer. Für nur zehn Pfennig bekam man von ihr einen großen Teller Suppe. Wenn man kein Geld dabei hatte, strahlte sie trotzdem. Sie war glücklich, uns beschenken zu können. Und Sr. Bernardo, die als Schulleiterin während meiner ganzen Schulzeit viel Gutes getan hat. In der Sexta standen wir jeden Morgen neben ihr, wenn sie die ganze Schulgemeinschaft in der Marienhalle versammelte: damals 600 Schülerinnen. Dort lernten wir, uns wirklich als große Gemeinschaft zu verstehen, denn es ging nicht nur um Organisatorisches, sondern auch um unseren Standpunkt in Kirche und Welt. Ihre Informationen zu Studienfahrten, Aktivitäten der Schwestern in verschiedenen Teilen der Welt schärften unsere Sinne und unseren Horizont. Wichtige Themen waren zum Beispiel der Eucharistische Weltkongress im München und später die Vorbereitung auf das 2. Vatikanische Konzil.

Nach dem Abitur trafen wir Sr. Bernardo bei unserem jährlichen Klassentreffen in Mülhausen. Sie diskutierte gerne mit uns und wollte hören, was aus ihren Schülerinnen geworden war. Bei unserem letzten Besuch im Haus Salus gab sie uns – wie zum Abschied – ein Wort mit auf den Weg: „Gott kennt dein Gestern, schenk ihm dein Heute, er sorgt für dein Morgen.“

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