Kaarst "Wohnen in Kaarst ist zum Luxus geworden"

Kaarst · Immobilienfachleute haben auf Einladung der Kaarster CDU über bezahlbare Wohnkonzepte für die Zukunft diskutiert.

 Sie diskutierten bei der CDU-Veranstaltung über das Thema Wohnungsbau (v. li.): v.l.n.r. Martin Wildtraut, Lars Christoph, Christoph Bierholz und Stefan Zellnig

Sie diskutierten bei der CDU-Veranstaltung über das Thema Wohnungsbau (v. li.): v.l.n.r. Martin Wildtraut, Lars Christoph, Christoph Bierholz und Stefan Zellnig

Foto: Linda Hammer

Wie entwickelt sich der Wohnungsmarkt in Kaarst? Kann auch einer weniger finanzstarken Klientel Wohnraum angeboten werden? Worauf müssen sich Politik und Verwaltung einstellen? Antworten auf diese Fragen gab nun eine Info-Veranstaltung der CDU im VHS-Haus. Der Diskussionsabend war mit rund 80 Gästen so gut besucht, dass weitere Stühle benötigt wurden. Moderator und Stadtverbandschef Lars Christoph zog nach anderthalbstündiger Diskussion folgende Bilanz: "Es empfehlen sich wohl differenzierte Lösungen, ein Mix, wie er im Baugebiet Hubertusstraße umgesetzt wird."

Patentrezepte für preiswerten Wohnraum hatte keiner der drei Immobilienfachleute parat. Martin Wildtraut, Geschäftsführer von Peter Busch Immobilien in Neuss, machte an zwei Zahlen deutlich, dass Wohnen in Kaarst immer mehr zum Luxus wird: "Die Quadratmeter-Preise für Eigentumswohnungen haben die 3000-Euro-Marke geknackt, die Kaltmiete pro Quadratmeter liegt erstmals bei zehn Euro oder mehr." Diese hochwertigen Eigentumswohnungen würden zunächst als Kapitalanlage gekauft mit der Option, sie im Alter nach Verkauf des Eigenheims selbst zu nutzen. Wildtraut sieht aktuell keinen nennenswerten Bestand an zum Verkauf stehenden älteren Einfamilienhäusern. Den habe es aber gegeben, weil viele Eigentümer für ihre Immobilien aus den 1960er und 1970er Jahren übertrieben viel Geld verlangt hätten.

Stefan Zellnig, Vorstand der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft (GWG) in Neuss, hat mehr als 3300 Wohnungen im Bestand. Im Baugebiet Hubertusstraße wird sein Unternehmen Eigentumswohnungen, Genossenschaftswohnungen und öffentlich geförderte Sozialwohnungen errichten — mit den Rohbauarbeiten wurde bereits begonnen, Mitte nächsten Jahres sollen die ersten Mieter einziehen. Die frei finanzierten Wohnungen werden zwischen acht und neun Euro pro Quadratmeter kosten, die Sozialwohnungen ab 5,25 Euro. Zellnig machte darauf aufmerksam, dass in Kaarst nur 4,1 Prozent der Wohnungen Sozialwohnungen seien — im Vergleich zu den rund 10 Prozent in Neuss. Der Kaarster Architekt und Bauträger Christoph Bierholz, der hochwertigen Geschosswohnungsbau projektiert und vermarktet, hat derzeit keine Absatzprobleme. Was ihn dagegen besorgt, ist die Furcht vor zu großer baulicher Verdichtung. "Gestalterisch anspruchsvolles Bauen darf kein Schreckgespenst sein." Rund um die Pfarrkirche St. Martinus bestehe noch großes Potenzial für weiteren attraktiven Geschosswohnungsbau. Zellnig warnte davor, sich vor Sozialmietern zu fürchten: "Eine vierköpfige Familie mit einem Verdiener darf ein Jahreseinkommen von bis zu 50 000 Euro haben — das ist so wenig nicht." Bauen sei im Übrigen deutlich teurer geworden: "Es ist nicht so, dass der böse Projektentwickler seine Gewinnspanne vergrößert hat." So beliebt die Kapitalflucht in Immobilien derzeit auch ist: CDU-Fraktionschefin Dorothea Zillmer erinnerte daran, dass es "in Kaarst nicht nur Leute gibt, die nicht wissen, wohin mit dem Geld". Witwen mit kleinem Einkommen zum Beispiel. "Patentrezepte", gestand Zellnig, "haben wir leider keine".

(barni)
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