Haan Archivarin favorisiert Papier

Haan · Vor 20 Jahren wurde das Haaner Stadtarchiv eröffnet. Obwohl die Aktenordner teilweise von Mikrofilm und Microfiche, CD-Roms und DVD's abgelöst wurden, hat Birgit Markley nach wie vor Papierstapel zu bearbeiten.

 Jede Menge Papier:

Jede Menge Papier:

Papier ist Birgit Markley immer noch am liebsten: "Bei richtiger Lagerung hält das Hunderte von Jahren und kann jederzeit auch ohne Hilfsmittel eingesehen werden." 99 Prozent des Stadtarchivs finden sich nach wie vor in Ordnern: "Um alles einzuscannen und zu digitalisieren, fehlt einfach die Zeit", erklärt die 50-Jährige, die seit 1999 das Stadtarchiv leitet.

Dieses wurde – nach dem 1989 in Kraft getretenen Archivgesetz von NRW – am 13. Dezember 1991 eröffnet. Anlass, die Datenspeicher im Wandel der Zeiten mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn natürlich wurden auch schon vor 1991 die Unterlagen der Stadtgeschichte – das älteste Protokoll stammt von 1810 – gesammelt. Schließlich hatte Napoleon die Archivierung auch im preußischen Rheinland eingeführt.

Von der katholischen Volksschule Mittelhaan besitzt Markley beispielsweise eine preußische Fadenheftung: "Da wurden die Schriftstücke einfach aneinandergenäht." Auch der braune "Simplicissimus"-Ordner mit einem Ex Libris im Jugendstil kommt ohne Lochung, sondern nur mit einer metallischen Klemme aus – ein "Clip"-Verfahren, das heute wieder modern ist. "Da sieht man, wie wichtig es ist, Büroklammern von Papier zu entfernen", sagt die Archivarin und deutet betrübt auf die Rostflecken, die die Klemme auf dem Papier hinterlassen hat. Etwas größer ist der Ordner im Folioformat, der das Personenstandsregister während des Ersten Weltkrieges beinhaltet.

All diese Schätzchen fanden sich viele Jahre auf dem Dachboden des Rathauses, wo jedes Amt sein eigenes Kämmerchen hatte. Der damalige Standesbeamte und Schiedsmann Peter Wende ließ sich vom Landesarchiv-Gesetz 1989 zu einer Weiterbildung inspirieren. "Als plötzlich auch jede Kleinstadt ein eigenes Archiv einrichten sollte, gab es ja noch nicht so viele Archivare", verweist Markley auf den Sinn der intensiven Schulung durch die Archivberatungsstelle des Landschaftsverbandes Rheinland.

Am zeitintensivsten sei die mehrmonatige Sichtung gewesen, habe ihr Vorgänger berichtet: "Es kann ja nicht alles übernommen werden." Zu entscheiden, was archivierungswürdig ist, sei auch heute noch eine ihrer Hauptaufgaben. 80 Prozent der 900 Rollregalmeter im Magazin unter dem Stadtbad seien inzwischen belegt. "Ich habe schon bei Gebäudemanagerin Ute Eden angemeldet, dass wir mittelfristig neue Räume brauchen", so Markley.

Die ersten Ratsprotokolle seien noch per Hand in vorgefertigte Bücher geschrieben wurden. "Später wurden die Schreibmaschinenseiten hinzugeklebt." Während es für die zeitweilig benutzten Disketten heute schon gar keine Lesegeräte mehr gibt, steht im Stadtarchiv Hilden ein "Reader Printer", mit dem die auf Mikrofilm erfassten alten Zeitungen zu lesen sind. Einzelne Microfiche-Dateien kann Markley heute auch direkt am PC ausdrucken; einiges ist auch auf CD-Roms und DVDs gespeichert. "Aber wer weiß, wie lange die konserviert werden können", zweifelt die Archivarin.

Da greift die bekennende Haptikerin doch lieber wieder zu ihren Papierstapeln: "Für Forscher hat ja schon das äußere Erscheinungsbild der Akte einen intrinsischen Wert", bekennt sie.

Eins ist Birgit Markley jedenfalls aufgefallen: "Je leichter es wurde, Papier zu reproduzieren, um so umfangreicher wurden die Ratsprotokolle!" Und die muss sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufheben.

(RP)
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