Spiritueller Zwischenruf aus dem Kloster Langwaden Mit 3D durch die Adventszeit

Meinung | Langwaden · Was haben Dante und Dostojewski mit der Adventszeit zu tun? Eine ganze Menge, meint Pater Bruno Robeck, Prior der Zisterziensermönche in Langwaden.

 Bruno Robeck ist Prior der Langwadener Zisterziensermönche.

Bruno Robeck ist Prior der Langwadener Zisterziensermönche.

Foto: Melanie Zanin

Nicht nur in dieser schweren Corona-Zeit, sondern jedes Jahr kann man im November und Dezember beobachten, wie viele Menschen versuchen, sich eine kleine heile Welt aufzubauen. Lichterketten werden aufgehangen und Kerzen angezündet. Ein besonderer Duft liegt in der Luft. Die eigenen vier Wände sollen zum kleinen Paradies werden. Gerade die in Deutschland volkstümlichen Adventsbräuche verstärken solch einen Versuch. Dabei ist unsere Welt nicht heil und wird es durch solch ein Verhalten auch nicht werden.

Natürlich sehne ich mich auch nach Heil und Frieden. Aus diesem Grund begleiten mich in dieser Adventszeit zwei Jubilare, die durch ihre Werke bis in die Gegenwart wirken. Sie verdrängen oder übertünchen die dunklen Seiten des Menschseins nicht, sondern lassen die Spannung zwischen Heil und Unheil bestehen. Obwohl die beiden Jubilare zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Kontexten gelebt haben, verbindet sie viel. Beide haben sich politisch engagiert und wurden zum Tode verurteilt. Das nicht vollstreckte Todesurteil hat die Lebenseinstellung beider maßgeblich geprägt. Beide verarbeiteten ihre persönlichen Erlebnisse durch ihr literarisches Schaffen. Und beide schöpften aus den biblischen Erzählungen.

Ich meine den italienischen Dichter Dante Alighieri, der vor 700 Jahren in Ravenna starb, und den russischen Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski, der 500 Jahre später in Moskau geboren wurde. Dantes „comedia“ hielt als „Göttliche Komödie“ ihren Siegeseinzug in die Herzen vieler Maler, Schriftsteller und Filmproduzenten. Indem der Dichter seinen eigenen Weg durch Hölle, Fegefeuer und Himmel beschreibt, regt er zum Nachdenken an: Wie sieht mein Weg aus? Und: Bin ich bereit, die Konsequenzen für mein Handeln zu tragen? Am Ende siegt die Liebe. Das ist Dantes Botschaft.

Dostojewski beschreibt in seinen Romanen viele Einzelschicksale. Seine Romanfiguren stürzen in höllische Abgründe oder lassen das Gute und Edle im Menschen aufleuchten. Mit ihm erlebt man die Tiefen und Höhen des menschlichen Lebens. Er bleibt auf dem harten Boden der Realität. Dazu gehört für ihn auch die Sehnsucht nach einer heilen Welt. Wenn die Menschen zur Einsicht kommen würden, dass sie alle miteinander untrennbar zusammenhängen, dann würde das Paradies beginnen.

Ich nehme diese großen Schriftsteller der Weltliteratur mit in die Adventszeit hinein. Sie erzählen von ihrem Glauben und von ihrer Hoffnung. Sie verstecken aber auch nicht ihre Ängste und Nöte. Sie fragen nach Gott und suchen das Paradies. Sie erzählen von Umwegen und Irrwegen, vom Gelingen und vom Scheitern. Mit dem unbeirrbaren Festhalten an der Hoffnung treffen sie den Kern der Adventsbotschaft: Gebt die Hoffnung nicht auf, denn Gott wird kommen. Und dennoch: Ich kann mich dem Zauber der volkstümlichen Adventsbräuche nicht ganz entziehen. Ich zünde gern eine Kerze an und rieche gern Tannengrün, aber wirklich zufriedenstellen kann mich dies nicht. Auch wenn draußen schon die Konfrontation mit der Coronadynamik hart genug ist, braucht es zusätzlich den ehrlichen Blick auf das eigene Innenleben, um Frieden zu finden. Darum gehe ich mit 3D durch den Advent: mit Dante, Dostojewski und mit einer Duftkerze.

Prior Bruno Robeck, OCist

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