Fußball "Wir schaffen das": In Issum ist das Realität

Issum · Seit April 2016 existiert in Issum eine Fußball-Mannschaft aus Flüchtlingen. Mittlerweile ist das Team eine eingeschworene Truppe.

 Beim Sommerfest hatten die Fußballer und ihre Angehörigen einen eigenen Stand mit kulinarischen Leckereien.

Beim Sommerfest hatten die Fußballer und ihre Angehörigen einen eigenen Stand mit kulinarischen Leckereien.

Foto: Gerhard Seybert

Wer erinnert sich nicht an den Moment, als Bundeskanzlerin Angela Merkel im Zuge des Flüchtlingsstromes ihren berühmt gewordenen Satz "Wir schaffen das" sagte? Viele bezweifelten damals, dass der Satz jemals wahr werden würde. Seitdem sind fast zwei Jahre vergangen. In Issum, das kann jedenfalls gesagt werden, wurde "das" geschafft. Neben der Arbeit seitens der Gemeinde haben auch viele Ehrenamtler einen großen Anteil daran, die Neubürger zu integrieren und ihnen eine Stütze im Alltag zu sein. Einige Projekte sind erfolgreich auf den Weg gebracht worden.

Eines davon wurde auf Initiative von Gaby und Uwe Tebeck ins Leben gerufen. Seit April 2016 existiert beim SV Issum nämlich eine Fußball-Mannschaft, die ausschließlich aus Flüchtlingen besteht. Und der Name des Teams bringt es quasi auf den Punkt: SV Issum International. Denn in der Hobby-Elf kicken Spieler aus neun Nationen.

Die Idee dazu hatte Gaby Tebeck. "Damals fanden drei Mal wöchentlich Sprachkurse für Flüchtlinge in der St. Nikolaus-Schule statt. Ich war dort als freiwillige Lehrerin. Das hat soweit auch gut funktioniert. Ich habe aber auch gemerkt, dass die Flüchtlinge nicht voll ausgelastet sind. Und da mein Mann Fußballtrainer beim SV Issum war, kam mir die Idee, dass die Flüchtlinge vielleicht im Verein spielen könnten", erklärt sie. Uwe Tebeck zögerte keinen Moment. Er trug das Vorhaben beim Vorstand des SV Issum vor. Auch dieser war gleich angetan und schaffte die Voraussetzungen dafür, dass fortan ein wöchentliches Training stattfinden konnte.

Spenden aus der Bevölkerung und von Vereinsmitgliedern halfen dabei, die Ausrüstung zusammenzubekommen. Doch die erste Trainingseinheit ging noch ganz spontan und improvisiert über die Bühne. Gespielt wurde auf dem "Acker" hinter der St. Nikolaus-Schule. "Das erste Training war schon bemerkenswert. Acht Männer waren da. Einige kamen in Jeans und in Straßenschuhen. Einer spielte sogar barfuß", erinnert sich Uwe Tebeck, der hauptberuflich Polizist ist.

Doch das Projekt wuchs von Woche zu Woche. Immer mehr kamen zum Training, um mitzumachen. Derzeit hat das Team mehr als 20 Mitglieder. "Die Idee war, die Flüchtlinge zusammenzuführen. In ihren Unterkünften haben sie sich oft voneinander abgegrenzt. Es gab auch hier und da einige Konflikte", sagt Gaby Tebeck, die nun abseits des Platzes aktiv ist.

Nachdem der Sprachkursus ein voller Erfolg geworden war, gründete sie die ehrenamtliche Gruppe "Hand in Hand", die sich seitdem um die Familien der Neu-Fußballer kümmert. Doch Gaby Tebeck ist nicht alleine. Unterstützt wird sie von Issumer Bürgern, die ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen. Mittlerweile hat sich ein richtiges Netzwerk gebildet. An jedem Freitag trifft sich die Gruppe mit den Flüchtlingsfamilien, um ihnen zuzuhören und gegebenenfalls im Alltag zu helfen. Auch Uwe Tebeck ist nicht alleine. Wenn er mal dienstlich gebunden ist oder organisatorische Dinge regeln muss, ist "Trainerlegende" Erich Schmeier zur Stelle. Als KFZ-Meister im Ruhestand ist Schmeier gleichzeitig auch Nachhilfelehrer für einen Flüchtling, der nach einem Praktikum nun einen festen Ausbildungsplatz als KFZ-Mechatroniker bei VW Sürgers in Kevelaer in der Tasche hat. Uwe Tebeck erklärt, dass auch alle anderen Teammitglieder in irgendeiner Form beschäftigt sind, beispielsweise in Praktika. Soll heißen: In Issum wird gemeinsam und vor allem erfolgreich angepackt. Keiner ist alleine, jeder kann sich auf die anderen verlassen. Das spiegelt sich im Erfolg der Fußball-Mannschaft wider.

Jeden Montagabend wird gemeinsam auf dem Issumer Fußballplatz trainiert. Uwe Tebeck hebt das Engagement des Vereins hervor. Platz, Flutlicht sowie Umkleidekabinen kann das Team ohne Probleme nutzen. Danach wird gemeinsam gequatscht, auch um die Harmonie innerhalb der Gruppe aufrecht zu erhalten. Denn wie bei allen anderen Mannschaften auch kann es auf dem Platz schon mal zu Reiberein kommen. "Teilweise wird auch versucht, Konflikte aus den Unterkünften auf dem Platz auszutragen", sagt Gaby Tebeck. Doch dem wird schnell ein Riegel vorgeschoben.

In unregelmäßigen Abständen absolviert die Elf Freundschaftsspiele. Die nächste Partie wird im August stattfinden. Auch während des diesjährigen Sommerfestes, das am vergangenen Wochenende auf dem Issumer Sportplatz reibungslos ablief, waren die Kicker aktiv. Sie präsentierten ihre Fußball-Künste als Teil einer gemischten Issumer Mannschaft.

Auch auf dem kulinarischen Wege wurde den Besuchern einiges geboten. Gemeinsam mit der Gruppe "Hand in Hand" kochten die Familienangehörigen der Kicker Gerichte aus ihrem Land, die großen Anklang fanden und die Geschmacksknospen stimulierten. So gab es Leckereien aus dem Irak, aus Syrien, Nigeria oder Tadschikistan.

Gaby und Uwe Tebeck sind stolz auf das, was sich in den vergangenen Monaten entwickelt hat. Aus einer anonymen Flüchtlings-Gruppe wurde eine harmonische Truppe geformt, die religiöse, sprachliche oder poltische Barrieren beiseite geschoben hat. Wie heißt es doch so schön? Sport verbindet Menschen. Was mittlerweile schon abgedroschen klingt, kommt in Issum aber eins zu eins zur Geltung.

Uwe Tebeck erinnert sich vor allem an ein Erlebnis, das den Erfolg auf den Punkt bringt. "Beim Schützenfest im vergangenen Jahr gab es wie immer eine große Prozession durch den Ort. Auch der SV Issum hat daran teilgenommen. Mit dabei waren auch die Flüchtlinge. Es war ein tolles Gefühl, zu sehen, wie stolz und mit welcher Freude sie durch Issum mitgelaufen sind."

Auf der Facebook-Seite "SV Issum International" gibt es viele Fotos, die dies belegen. Zudem wird auf der Seite der Fortsschritt der Mannschaft in Wort und Bild festgehalten. Bleibt festzuhalten: Die Issumer haben es definitiv geschafft.

(RP)
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