„Mercator-Palast“ Publikation erinnert an Duisburgs größtes Kino

Duisburg · Kai Gottlob vom Filmforum hat die Geschichte des „Mercator-Palasts“ zusammengetragen.

 Der „Mercator-Palast“ thronte an der Königsstraße, bis er 1943 durch Fliegerbomben zerstört wurde.

Der „Mercator-Palast“ thronte an der Königsstraße, bis er 1943 durch Fliegerbomben zerstört wurde.

Foto: Jonas Wahle

Im Jahr 1929, als Duisburg eine der reichsten Städte Deutschlands war, gründete und baute die vielseitige (und nicht nur Duisburger) Unternehmerfamilie Carstanjen den Mercator-Palast. Der stand auf der Königstraße, gegenüber der Einmündung der Hohen Straße, etwa dort wo heute das Käthe-Mandel-Haus ist. Das war für 14 Jahre mit 1200 Sitzplätzen Duisburgs größtes und anspruchsvollstes Kino, es bot erstklassige Unterhaltung nicht nur auf der Leinwand, sondern auch auf der Bühne. Einmal wurde sogar für das Gastspiel einer amerikanischen Eiskunstläuferin eigens eine Eisbahn in den Kinosaal gebaut.

Da zunächst noch Stummfilme gezeigt wurden, hatte der Mercator-Palast wie damals üblich ein eigenes Kino-Orchester (an der Königstraße gab es damals vier Kino-Orchester). Die Konkurrenz auf diesem Gebiet war damals viel größer als heute – noch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in ganz Duisburg etwa 60 Kinos. Obwohl der Mercator-Palast nicht zu den reichsweit etwa 100 eigenen Kinos der mächtigen und später NS-staatlichen UFA zählte, waren hier deren große Filme zu sehen.

Nachdem die ersten NS-Filme wie „Hitlerjunge Quex“ sich als zu vordergründig propagandistisch erwiesen, wurde die ideologische Indoktrination in den Vorfilm vor dem obligatorischen Unterhaltungsfilm verlegt. Bis zum Kriegseintritt der USA zeigten Duisburgs kleinere Kinos auch noch Hollywood-Filme wie „King Kong“. 1942 wurde der Film „Zwischen Himmel und Erde“, der in Xanten und Umgebung gedreht worden war, sogar im Duisburger Mercator-Palast uraufgeführt, statt wie üblich in Berlin. Dies war das Jahr, in dem in Deutschland so viele Kinobesuche wie nie zuvor und danach gezählt wurden, nämlich eine Milliarde – wobei der Krieg in vollem Gange war, die meisten Männer an der Front waren und die ersten Bomben fielen. Bei einem britischen Bombenangriff im April 1943 wurde dann der Mercator-Palast so stark zerstört, dass die Ruine schließlich 1950 abgerissen wurde.

Drei Jahre lang haben Kai Gottlob und Dirk Hausmann vom kommunalen Kino Filmforum recherchiert, in Archiven in Duisburg und der Welt sowie bei Zeitzeugen. Gestern präsentierten sie ihre Publikation „Ein Palast in Duisburg – Die kurze Geschichte der Mercator-Palast-Lichtspiele“. Auf 70 Seiten mit 60 aufschlussreichen Abbildungen wird nicht nur ein Duisburger Kino, sondern auch viel deutsche (Film-)Geschichte lebendig. Der erschwingliche Preis von fünf Euro ist sehr gut angelegt. Die Publikation ist ab sofort an folgenden Stellen erhältlich: an der Kinokasse des Filmforums (Dellplatz 16), in der Buchhandlung Scheuermann (Sonnenwall 45) und in der Mayerschen Buchhandlung im Forum (Königstraße 48).

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