Massenpanik auf Loveparade Augenzeugen berichten von dramatischen Szenen

Das Unglück bei der Loveparade in Duisburg hat 19 Menschenleben gefordert. Über 340 Personen wurden verletzt. Bei der Massenpanik an einem Tunnel spielten sich grauenhafte Szenen ab, wie Augenzeugen berichten.

Spuren des Grauens: Der Unglücksort am Tag danach
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Eigentlich sollte es eine gigantische Party werden, doch am Ende wurde ein Drama daraus. Nach Angaben der Polizei ereignete sich das Unglück in einem Tunnel zum Veranstaltungsgelände am ehemaligen Güterbahnhof. Zum Zeitpunkt der Panik soll ein starkes Gedränge in dem Tunnel geherrscht haben, weil der Zugang zu dem eingezäunten Gelände wegen Überfüllung geschlossen worden war.

Dadurch kam es Augenzeugenberichte zufolge zu einem großen Gedränge und Panik. Der Ablauf ist jedoch noch nicht endgültig geklärt. 19 Menschen starben. Außerdem wurden mindestens 340 Menschen wurden schwer verletzt und mussten teiweise reanimiert werden.



Einige unserer Leser waren vor Ort und schildern ihre Beobachtungen. So schreibt "Janina92" im RPO-Community-Portal OPINIO: "Ich selbst stand zu dem Zeitpunkt in dem Tunnel und bemerkte wie hinter mir Panik ausbrach. Neben mir stand ein Mädchen mit Blut überströmten Gesicht, aber bemerkt hab ich immer noch nicht was los war. Ich hab mir nur noch meine Freunde geschnappt und bin mit denen Richtung Ausgang Düsseldorf/Krefeld gelaufen. Erst am Bahnhof habe ich bemerkt was zu dem Zeitpunkt wirklich da passiert ist. Wir mussten uns durch eine viel zu enge Absperrung mit hunderten von Leuten quetschen und sowas darf einfach nicht sein. Das ist unverantwortlich man hat sich richtig eingeengt gefühlt. Gänsehaut krieg ich immer noch, wenn ich daran denke und bis jetzt weiß ich immer noch nicht, ob es meinen ganzen Leuten gut geht.
Wir waren ca. 20 und am Ende nur noch zu 5."

"Sunday2010" schreibt im Online-Forum von RP-Online , dass schon früh ein zu enger Tunnel beobachtet werden konnte: "Ich wohne auch in Duisburg und genau neben der A59 man hört hier nur Krankenwagen und den Hubschrauber. Ich war auch auf der Loveparade und war so gegen 15.30 Uhr in diesem Tunnel und der war da schon sehr sehr voll, also hätte das Sicherheitspersonal schon viel früher nach einer anderen Lösung suchen können. Ich habe Fotos die zeigen wie voll der Tunnel war. Aber es muss ja erst immer was passieren bevor ürgenjemand was macht."

"Ich war dabei bis zur Panik war alles echt gut, echt traurig das das passiert ist. Ich bin der Meinung man hätte dies verhindern können in dem man schon gegen 17uhr alle notausgänge geöffnet hätte. Ich musst fast 1 stunde hin und her laufen bis man einen einzigen Notausgang geöffnet hat. Diesen hat man auch erst geöffnet nachdem man bemerkt hatte das die Leute ungehalten wurden. Schade das sie so zuende gehen musste die Love Parade 2010, " schreibt Caipigirl70.

Und "schnitzelfuss" meint: "Also meine Freundin ist auch nicht mehr auf das Gelände gekommen. Die Polizei hat durch Lautsprecher alle rechtzeitig aufgefordert umzukehren, weil das Gelände wegen Überfüllung gesperrt sei. Die meisten hat das aber nicht interessiert. Sie sind weitergegangen. Meine Freundin war zum Glück vernünftig und ist zurückgegangen."

Augenzeugenberichte im WDR

Ein Augenzeuge berichtete im "WDR", dass Menschen auf eine Wartungstreppe am Tunneleingang drängten. Von dort aus wollten sie auf das Dach des Durchgangs, wo sich Gleise befinden, um von dort aus auf das Gelände zu gelangen. "Die sind alle zusammen da hoch und dann ist die (Treppe) zusammengebrochen", sagte die Frau. Dabei soll es unbestätigten Berichten zufolge zu den Todesfällen gekommen sein.

Die Berichte der Augenzeugen verdeutlichen, welche bizarren Szenen sich vor der Panik abspielten. "Meine Freundin und ich haben schon kaum mehr Luft mehr bekommen und haben die Ellbogen ausgefahren, um noch wegzukommen. Anschließend haben wir die Polizei alarmiert und gesagt, dass es im Tunnel gleich zur Massenpanik kommen wird", sagte ein Augenzeuge namens Fabio dem "WDR". Gleichzeitig wirft er die Frage nach der Rolle der Ordnungskräfte auf. Passiert sei aber erst einmal nichts. "Das war etwa eine Dreiviertelstunde vor dem Unglück gewesen. Da waren aber schon Leute reihenweise zusammengeklappt."

Christian Winter (23) war mittendrin im Geschehen. "Es war die Hölle, es ging alles so schnell. Ich habe noch gesehen, wie drei Polizisten umgefallen sind, dann wurde auch ich auf den Boden gedrängt", sagt Christian Winter. "Diese Bilder werde ich nie mehr aus meinem Kopf bekommen. Ich habe Menschen sterben sehen."

Phillipp (19) war ebenfalls in der Menschenmenge gefangen: "Gemeinsam mit einem Freund konnte ich ein schwer verletztes Mädchen, das auf dem Boden lag, an die Seite ziehen. Dann überrolte uns die Masse. Ob das Mädchen überlebt hat, kann ich nicht sagen."

Daniel (18) aus Hagen: "Als die Panik ausbrach und die ersten Menschen
zusammenbrachen, wurden ohnmächtige Mädchen wie beim so genannten
Stagediving über die Köpfe der Masse zum Rand getragen."

"Die Panik ging los, kurze Zeit nachdem der Zugang zur Loveparade geschlossen wurde. Die Menschen wollten aufs Gelände, doch es war alles abgeriegelt. Man konnte nicht mehr weg, auch wenn man wollte. Dann hörte ich die ersten Schreie", sagt Aylin Overbeck.

"Es war wie um Krieg"

"Überall lagen Menschen herum, es war wie im Krieg", erklärte ein Augenzeuge dem "WDR". "Das hat sich wie in einem Hexenkessel gestaut."

Einem Augenzeuge zufolge, der mit im Tunnel war, sind die Menschen im dichten Gedränge nicht mehr vor oder zurück gekommen. Dadurch sollen einige in Panik geraten sein und geschrien haben, was sich dann zu einer Massenpanik ausgewachsen habe. In dem nachfolgenden Gedränge sei es dann zu dem Unglück mit den vielen Toten und Verletzten gekommen. Unmittelbar vor der Meldung über die Massenpanik hatte die Polizei um 17.34 Uhr berichtet, das Veranstaltungsgelände sei wegen Überfüllung geschlossen worden.

Ein Augenzeuge berichtete dem TV-Sender "n-tv", er sei, obwohl das Gelände schon voll gewesen sei, noch hineingekommen. Dann sei er selbst in den Tunnel geraten, der sich für viele als tödliche Falle erwiesen habe. "Da lagen schon einige Menschen am Boden, andere kletterten die Wände hoch und versuchten, über die Seiten in das Gelände hinein zu kommen. Und die Menschenmenge, die nachrückte, die liefen einfach über die am Boden liegenden drüber. Also eine richtige Massenpanik."

Rettungskräfte überfordert

Weiter berichtete der Augenzeuge: "Die Polizei hat versucht, hinein zu gehen in die Menge und die am Boden liegenden Menschen herauszuziehen. Es war aber zu voll, die Polizei hat die Menschen nicht herausbekommen, es war nichts zu machen." Auch seien zunächst keine Rettungskräfte vor Ort gewesen. Der Augenzeuge sagte: "Hilfskräfte waren erstmal gar nicht vorhanden, vielleicht drei, vier vom Malteser Hilfsdienst. Die konnten aber in der Masse der Menschen auch nichts machen."

Petra Vennebusch, die als Videoreporterin vor Ort war, sagte im WDR, die Leute seien aggressiv geworden und hätten versucht, sich Zugang zum Loveparade-Gelände zu verschaffen. "Da war Ärger im Spiel", sagte Vennebusch. "Viel Alkohol, viel Drogen." Die Polizisten seien teilweise überfordert gewesen.

Der Loveparade-Gründer Dr. Motte hat den Veranstaltern unterdessen einen schweren Management-Fehler vorgeworfen. "Die Veranstalter sind schuld", sagte er dem "Berliner Kurier". Es sei ein Skandal, die Menschen nur durch einen einzigen Zugang auf das Gelände am alten Güterbahnhof zu lassen. Dr. Motte warf den Veranstaltern "reine Profitgier" vor. "Da ging es doch nur ums Geldmachen. Die Veranstalter haben nicht das geringste Verantwortungsgefühl für die Menschen gezeigt." Er sprach den Familien der 15 Toten und den Verletzten sein Mitgefühl aus.

(AP/AFP/ddp/ndi)
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