Serie „So wohnt Düsseldorf“ Eine Wohnung für 5,20 Euro Kaltmiete

Düsseldorf · Der Beamten-Wohnungsbau-Genossenschaft gehören 3000 Mietobjekte in Düsseldorf. Sie wurde im Kaiserreich gegründet, der Ansturm ist bis heute enorm und die Warteliste lang. Denn hier gibt es, was sonst sehr rar ist in der Stadt: bezahlbaren Wohnraum.

Düsseldorf: Wie wohnt man in einer Genossenschaftswohnung?
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So wohnt es sich in einer Genossenschaftswohnung in Düsseldorf

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Düsseldorf auf dem Weg zur Metropole: Die Wirtschaft brummt, überall entstehen neue Fabriken, das zieht Arbeitskräfte in die Stadt, die mit 100.000 Einwohnern längst Großstadt ist. Soeben wurde die Oberkasseler Brücke als erste Rheinquerung eröffnet, so können Menschen und Waren schneller transportiert werden. Damit all die neuen Bürger in ihrer Freizeit frische Luft tanken können, erwirbt die Stadt den Grafenberger Wald.

Nur der Wohnungsbau kann mit der rasanten Entwicklung nicht mithalten - Wohnraum ist knapp und teuer. Schon damals im Jahr 1898. In dieser Situation gründen Beamte für Beamte eine Wohnungs-Baugenossenschaft. Eine Erfolgsgeschichte seit 120 Jahren - allein schon wegen der unschlagbaren Mietpreise.

Fassaden seit 1913 kaum verändert

Im Treppenhaus hängt ein Foto aus der Kaiserzeit, da hielten noch Kutschen vor den drei Häusern Am Binnenwasser in Golzheim, die 1913 gebaut wurden. Heute hat man hier eher das Problem, einen Parkplatz zu finden. Aber ansonsten: Die Fassaden haben sich auf den ersten Blick kaum verändert. Noch immer die alten Backsteine, nur das Efeu, das damals bis zum zweiten Stock hochrankte, ist irgendwann verschwunden. Im Treppenhaus führt ein roter Läufer mit Messingleiste in die Etagen, an den Wänden blaue Kacheln, die glücklicherweise kein Modernisierungswahn hat verschwinden lassen.

Im ersten Stock wohnen Elke und Jürgen Hoffmüller - beide im Rentenalter, beide mit dem Genossenschafts-Gedanken groß geworden, denn beider Familien lebten in solchen Wohnungen. Das prägt. "Auch die nächste Generation, also unsere Kinder wohnen ...", man ahnt, wie der Satz vollendet wird.

Genossenschaftswohnungen bieten Sicherheit

Was ist der Vorteil einer Genossenschaftswohnung? Da muss Jürgen Hoffmüller nicht lange grübeln: "Vor allem die Sicherheit." Hier sind Mieter unkündbar, Begriffe wie Eigenbedarf unbekannt. Wer "Genosse" wird, ist am Unternehmen beteiligt. Ein Stückchen jedenfalls. Bei der Beamten-Wohnungsbau-Genossenschaft muss jeder mit der Anmeldung 1200 Euro einzahlen. "Viele würden gern mehr anlegen", erläutert Geschäftsführer Stephan Grey. Kein Wunder, denn die Beteiligung wird mit vier Prozent verzinst.

Längst sind die 3000 Wohnungen der BWB nicht nur für Beamte reserviert, jeder kann sich bewerben. Und landet auf einer langen Warteliste. "Je nach Lage kann es bis zu 20 Jahre dauern, bis man einziehen kann", so Grey. In Hassels ist manchmal schon nach einem halben Jahr etwas frei, in renovierten Altbauten in Oberkassel oder Golzheim brauchen Mieter in spe vor allem eins: viel Geduld.

Und deshalb lautet der Satz, den Grey am häufigsten zu hören bekommt: "Wäre ich doch bloß früher Mitglied geworden." Er berichtet von vielen, die ihre Kinder bereits kurz nach der Geburt anmelden, damit sie bis zur Volljährigkeit eine Wohnung haben. Solange mussten Elke und Jürgen Hoffmüller nicht warten, denn sie hatten vor ihrem Umzug nach Golzheim vor 22 Jahren bereits eine Genossenschaftswohnung - ein Wechsel ist dann immer mal möglich.

5,20 Euro Kaltmiete - sensationell

Allein mit Unkündbarkeit ist dieser Ansturm natürlich nicht zu erklären. Und dann kommt's: Ehepaar Hoffmüller zahlt für seine Altbauwohnung von 113 Quadratmetern sensationelle 5,20 Euro Kaltmiete - und damit ungefähr die Hälfte von den üblichen Mieten in der Nachbarschaft.

Vor allem deshalb, aber auch wegen der ruhigen Wohnlage, der Stadt- und Rheinnähe sind sie geblieben, nachdem die Kinder flügge wurden. Deren Zimmer wurden in Arbeits- und Esszimmer verwandelt, und die Wohnküche mit ihrer knallrot gestrichenen Decke ist auch für zwei Menschen keineswegs zu groß. Von der geht es direkt auf den Balkon mit Blick in den Garten der drei Backsteinhäuser. Der ist für alle da, wird aber gemeinsam nur beim jährlichen Hoffest genutzt.

Dass sich hier alle kennen, dafür sorgt schon Jürgen Hoffmüller als Vertrauensmann. Er schaut nach dem Rechten, ruft Handwerker, wenn etwas defekt ist, pflanzt "einfach aus Freude" Blumen in den Garten, vermittelt, wenn es mal Ärger gibt ("was äußerst selten ist") und begrüßt neue Mieter mit einem Präsent der BWB. Nur die Hausordnung verteilt er nicht mehr. Die stammt wohl noch aus der Kaiserzeit und empfiehlt, "die Wiese vor dem Haus als Wäschebleiche zu nutzen".

(RP)
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