„Sammlung Philara“ in Düsseldorf beschädigt Schon Siebenjährige haften 30 Jahre lang für Schaden

Düsseldorf · Zwei Mädchen haben am Wochenende die Fassade des Gebäudes „Sammlung Philara“ in Düsseldorf-Flingern schwer beschädigt. Rechtlich gesehen können sie dafür verantwortlich gemacht werden - und zwar die nächsten 30 Jahre.

 Derartige Schilder haben keinerlei rechtliche Grundlage.

Derartige Schilder haben keinerlei rechtliche Grundlage.

Foto: dpa, fz

Vermutlich mit kleinen Steinen haben am Wochenende zwei Mädchen im Grundschulalter Herzen, Kreise und Buchstaben in die Fassade des preisgekrönten Gebäudes gekritzelt. Die Eltern der Kinder sollen das nicht nur gesehen, sondern die Kinder auch gewährt haben lassen. Doch wer kommt für den Schaden auf? Gilt in diesem Fall auch der Satz: „Eltern haften für ihre Kinder“?

Nein, sagt Rechtsanwalt Christoph Nürenberg von der Kanzlei Silz und Nürenberg in Goch. Ganz im Gegenteil könnte es sein, dass die beiden Mädchen für den Schaden aufkommen müssen, denn sie sind 30 Jahre lang für einen von ihnen verursachten Schaden haftbar zu machen.

Welche Rolle spielt das Alter bei Haftungsfragen?

 Die charakteristische Rostschicht der Fassade am Ausstellungshaus von Gil Bronner ist mit Kritzeleien beschmiert. Wer kommt für den Schaden auf?

Die charakteristische Rostschicht der Fassade am Ausstellungshaus von Gil Bronner ist mit Kritzeleien beschmiert. Wer kommt für den Schaden auf?

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Zunächst unterscheidet man zwischen zivilrechtlicher und strafrechtlicher Haftung, erklärt Nürenberg. „Strafrechtlich kann man ab einem Alter von 14 Jahren verantwortlich gemacht werden, zivilrechtlich ab einem Alter von sieben Jahren“, sagt er. Das heißt, dass Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren in keinem Fall haftbar gemacht werden können.

Was hat es mit dem Schild „Eltern haften für ihre Kinder“ auf sich?

Das sei rechtlich Unsinn und diene lediglich zur Ermahnung, sagt Nürenberg. „Jeder haftet für sein eigenes Verschulden“ - eben auch Kinder.

Wie soll ein Kind für einen von ihm verursachten Schaden aufkommen?

Wenn die beiden Mädchen im konkreten Fall älter als sieben Jahre und altersentsprechend einsichtsfähig sind, müssen sie für den Schaden aufkommen. „Man denkt erstmal, da gibt es ja nichts zu holen, aber das stimmt nicht“, sagt der Rechtsanwalt. Denn: Auch Kinder können 30 Jahre lang haftbar gemacht werden. Verursacht ein Zehnjähriger etwa einen Schaden in Höhe von 100.000 Euro und wird dafür in Regress genommen, so kann es sein, dass er als Erwachsener noch Jahrzehnte später dafür zahlen muss. „Das kommt öfter vor, als man denkt. Und im Erwachsenenalter kann man sich nicht durch ein Insolvenzverfahren vor dieser Zahlung drücken“, erklärt Nürenberg. Er berichtet von einem Fall, in dem zunächst die Gebäudeversicherung eines Geschädigten für einen Schaden aufgekommen ist. Der zehnjährige Verursacher musste das Geld aber später zurückbezahlen.

Welche Rolle spielt die Aufsichtspflicht der Eltern?

Im konkreten Fall vom Wochenende haben die Eltern vermutlich ihre Kinder gewähren lassen. Ob sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, hängt von den Umständen ab. Von einem mindestens siebenjährigen Kind könne man im Regelfall die Einsicht erwarten, dass es keine fremden Sachen beschädigen darf, so Nürenberg. Ob den Kindern nun bewusst war, dass es sich bei dem Gebäude um ein besonderes Haus handelt, sei dahingestellt. Gerade im Straßenverkehr stellt sich oft die Frage nach der Haftung: Wenn ein Rad fahrendes Kind unter sieben Jahren versehentlich ein parkendes Auto beschädigt, wer kommt dann für den Schaden auf? Nürenberg: „Die elterliche Aufsichtspflicht hängt von Alter und Entwicklungsstand des Kindes ab. Man kann Kinder nicht anleinen. Wenn sie sicher Radfahren können, müssen die Eltern sie dabei nicht lückenlos beaufsichtigen.“ In solch einem Fall müsse auch die private Haftpflichtversicherung nicht zahlen. „Es gibt tatsächlich Fälle, in denen der Geschädigte einfach auf seinem Schaden sitzen bleibt“, sagt Nürenberg.

Wann liegt eine Verletzung der Aufsichtspflicht vor?

Dies erklärt der Rechtsanwalt anhand eines Beispiels: Wenn Eltern etwa wüssten, dass Kinder regelmäßig auf einer Baustelle an Baumaschinen spielen und dagegen nicht einschreiten, dann hätten die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt.

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