190.000 Beschäftigte legen Arbeit nieder Bahnstreiks: In NRW droht Chaos

Düsseldorf · Vier Jahre nach den letzten Warnstreiks wollen die 190.000 Beschäftigten der Bahn den Verkehr in dieser Woche wieder stören. Auch in NRW drohen massive Ausfälle auf den Gleisen. Aber auch im Straßenverkehr, weil viele Zugpassagiere auf die Autobahnen ausweichen werden.

Bahnstreiks - an diesen Bahnhöfen ging nichts mehr
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Warnstreiks. Das klingt so harmlos. So, also würde ja doch erstmal nur in die Luft geschossen. Dass die Bahn-Gewerkschaften Nordrhein-Westfalen aber auch mit einem sogenannten Warnstreik schon empfindlich treffen können, haben sie vor vier Jahren bewiesen.

Damals kamen allein in NRW 1,5 Millionen Reisende zu spät zur Arbeit. Obwohl von den gut 3500 Lokführern nur einige hundert gestreikt hatten: Vor allem falsch "geparkte" S-Bahnen blockierten im Frühjahr 2003 die Gleise. Einige wenige zwar nur, aber die Kettenreaktion blieb nicht aus. Auf dem Höhepunkt des Streiks fielen am 6. März 2003 allein in NRW 60 Züge ganz oder teilweise aus, bei weiteren 350 kam es zu Verspätungen zwischen fünf und 56 Minuten.

Der damals erkämpfte Burgfriede hat nicht lange gehalten. Seit einigen Wochen fordern die 190.000 Mitarbeiter der Bahn von Konzernchef Hartmut Mehdorn schon wieder mehr Lohn. Der wiederum will den Konzern fit für die Börse machen und braucht deshalb niedrige Personalkosten.

Nachdem am Wochenende auch die dritte Verhandlungsrunde gescheitert ist, wollen die Bahn-Gewerkschaften Transnet, GDBA und GDL die Bahn jetzt wie schon vor vier Jahren erneut mit Warnstreiks unter Druck setzen. Wieder soll der Zugverkehr bundesweit gestört werden, und wieder wird der Konflikt auch auf dem Rücken der eine Million Fahrgäste ausgetragen, die täglich in NRW Bahn fahren. Und auf dem Rücken der Autofahrer, die im Stau stehen, weil viele Bahnreisende wegen des Streiks auf die Autobahnen ausweichen werden.

Montagmittag wird die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) bekannt geben, wann und wo genau sie in dieser Woche den Bahnverkehr lahmlegen will. Dass NRW massiv betroffen sein wird, kündigte ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung aber gestern schon an: "Es wird weh tun."

Die GDL ist mit den 15.000 bei ihr organisierten Bahn-Lokführern zwar deutlich kleiner als die übergreifende Eisenbahner-Gewerkschaft Transnet (248.000 Mitglieder). Wegen der Schlüsselfunktion der Lokführer wird der GDL-Streik in der Berliner Bahn-Zentrale aber mindestens genauso gefürchtet, wie die ebenfalls für diese Woche angekündigten Transnet-Warnstreiks. Denn Logistik-Experten haben ausgerechnet, dass 16 streikende Lokführer bereits ein bundesweites Bahn-Chaos auslösen können.

Tausende Lokführer sollen streiken

Bei der GDL heißt es, in der kommenden Woche sollen bundesweit sogar mehrere Tausend Lokführer streiken. Während die GDL offenbar von Anfang an für maximalen Ärger sorgen will, haben Transnet und die mit ihr verbundene Ex-Beamten-Gewerkschaft GDBA einen differenzierteren Streikplan vorbereitet.

Anders als die Lokführer hat Transnet die Möglichkeit, mehr den Bahn-Konzern und weniger die Kunden zu treffen. Etwa indem die Züge nicht gereinigt werden oder Reisezentren unbesetzt bleiben. Aber auch Transnet kann ganze Züge im Nah- und Fernverkehr lahmlegen: "Wir werden die Eskalationsstufen dosieren."

Streit zwischen Gewerkschaften

Pikanterweise sind Transnet und GDL sich keineswegs grün. Weil sie für "ihre" Lokführer einen eigenen Tarifvertrag durchboxen will, hat die GDL an den bisherigen Tarifverhandlungen noch nicht einmal teilgenommen. "Die Lokführer werden von Transnet unzureichend vertreten", begründete der GDL-Sprecher gestern die Extra-Tour der Lokführer. Genau das lehnen der Konzern und Transnet aber ab. "Die Bahn funktioniert nur als Gesamtsystem", so der Transnet-Sprecher, "wir können nicht für alle Berufsgruppen eigene Extra-Würste braten."

Die Deutsche Bahn AG ist "auf Streiks in größeren Umfängen" vorbereitet. Eine kostenlose Hotline und die Internet-Homepage der Bahn informieren über Ausfälle und Verspätungen. Das Service-Personal in den Bahnhöfen wird verstärkt. Nicht nutzbare Fahrscheine werden kostenfrei umgetauscht oder erstattet.

Für heute (Montag) sind die Warnstreiks in NRW beendet. Die nächsten Streiks sind für Dienstagmorgen (fünf bis neun Uhr) geplant. Die Bahn hat angekündigt, den Preis für Fahrkarten und Reservierungen, die für einen Streiktag gültig waren, kostenlos zu erstatten. Fahrplan-Infos zu streikbedingten Änderungen unter Tel.: 08000-996633.

(RP)
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