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Interview mit Jo Deußen „Der KJT muss andere Geldquellen erschließen“

Dormagen · Der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Jo Deußen (CDU), erläutert die Finanzierung von Sozialarbeiter- und Streetworker-Stellen.

Herr Deußen, in den vergangenen Wochen gab es Diskussionen um eine wegfallende Sozialarbeiter-Stelle für die offene Kinder- und Jugendarbeit in Hackenbroich. Der Träger des Kinder- und Jugendtreff (KJT) St. Katharina und die Realschule Hackenbroich befürchten schwere Rückschläge ihrer Angebote, falls die Stelle im KJT nicht über 2019 hinaus finanziert wird. Wie sehen Sie die Entwicklung als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses?

Jo Deußen Der Ausschuss schätzt die wertvolle Arbeit, die in Hackenbroich geleistet wird. Daran will auch keiner rütteln. Sowohl die Einrichtung der katholischen als auch die der evangelischen Kirche arbeiten schulnah und bieten den Kindern und Jugendlichen viele Entfaltungs- und Stärkungsmöglichkeiten in und mit Schule.

Wieso wurde die Stelle dann gestrichen?

Deußen Das wurde nicht von oben herab oder im Geheimen verhandelt, die Träger sind weitgehend Mitglied im Ausschuss und waren beteiligt: Es gibt darüber hinaus einen Wirksamkeitsdialog im Unterausschuss Jugendhilfeplanung, der alle drei Jahre gemeinsam mit den Trägern und Einrichtungsleitungen Schwerpunkte verabredet, die dann in einen Vertrag für die Festbetragsförderung der Stadt mit den Trägern der offenen Jugendarbeit münden. Dabei geht es dann auch ganz konkret um Stellenanzahl und Öffnungszeiten.

Die freiwerdenden Mittel aus Hackenbroich werden für die Streetworker-Stelle mit Schwerpunkt Horrem eingesetzt. Befürchten Sie da ein Ausspielen eines Stadtteils gegen einen anderen?

Deußen Das darf nicht passieren, darum geht es auch gar nicht. Wir wollen bedarfsgerecht die Jugendlichen unterstützen, die es besonders nötig haben. Wir haben für Horrem und Hackenbroich den politischen Willen ausgedrückt, dass dort die Jugendarbeit besonders gefördert wird. Sie sollte dann aber auch verstärkt in die Stadtteile wirken, gern im Zusammenspiel mit den verschiedenen Akteuren im Ort. Gut funktioniert das zum Beispiel in der „Rübe“ des Diakonischen Werkes in Horrem. Nicht zufrieden sind wir mit diesem Aspekt der Arbeit in Hackenbroich, wo von der Jugendarbeit mehr in den Stadtteil ausgehen sollte.

Wie viele Sozialarbeiter-Stellen gibt es denn stadtweit in den Offenen Einrichtungen?

Deußen Es gibt 17 geförderte Stellen in ganz Dormagen, davon sechs in Hackenbroich – vier im KJT St. Katharina, 1,9 im Evangelischen Jugendbüro. Dieser Unterschied hat sich historisch so entwickelt. Da dann zu sagen, wir haben das immer so gemacht, ist zu wenig. Sozialarbeit muss sich auch mit den örtlichen Bedarfen entwickeln. In Horrem sind es übrigens drei Stellen. Die Stadt gibt rund 798.000 Euro für die 17 Stellen aus, das Land gibt 176.000 Euro dazu. Diese eine Million Euro, die den freien Trägern zur Verfügung steht, ist überproportional hoch und eine in dieser Höhe rein freiwillige Leistung der Stadt.

Die Kritik an den Kürzungen, die unter anderem vom Realschulleiter Alois Moritz kam, sieht die besondere Stärkung und Weiterentwicklung der Schüler durch wegbrechende Anti-Aggressionstrainings und Toleranz-Seminare in Gefahr...

Deußen Diese Trainings sind gut, das stellt der Jugendhilfeausschuss auch gar nicht in Frage. Sie müssen nur über die richtigen Töpfe finanziert werden. Und Sozialarbeit mit Schwerpunkt Schule sollte aus Schultöpfen, nicht dem der offenen Jugendarbeit kommen. Sonst fehlt das Geld für wichtige, aufsuchende Jugendarbeit. Wir haben auf die seit langem vorhandenen Gegebenheiten am Bahnhof nun politisch reagiert und Mittel für eine Stelle aus den bestehenden Angeboten herausgelöst, um den Streetworker zu finanzieren. Das war leider über die Wirksamkeitsdialoge der letzten Jahre nicht zu erreichen.

Was soll der Streetworker mit Schwerpunkt in Horrem genau leisten?

Deußen Er soll mit dem Schwerpunkt am Bahnhof, aber nicht nur dort, mit den jungen Menschen arbeiten, die nicht über Platzverbote oder andere Maßnahmen des Ordnungsdienstes erreicht werden können. Der Bahnhof ist auch durch das Schulzentrum und die Drogenberatung ein sozialer Schmelztiegel, bei dem Vermittlung und Hilfestellungen – nicht nur Verbote – nötig sind. Und das kann Sozialarbeit leisten. Ein Streetworker kann die Hintergründe erforschen, Hilfen anbieten und zusätzlich auch flexibel bei anderen Veranstaltungen im Stadtgebiet präsent sein. Dieses Konzept wurde im März auch im Jugendhilfeausschuss beraten und beschlossen.

Heißt das jetzt, dass die vierte Stelle im KJT nicht mehr von der Stadt bezuschusst wird?

Deußen Der Wirksamkeitsdialog läuft noch, und es gibt weitergehende Gespräche, auch zwischen Stadtverwaltung und dem Träger, ob nicht eine alternative Finanzierung möglich ist. Da helfen Verwaltung und Politik gern. Allerdings sollten sich der Träger – die katholische Kirche – und die Nutznießer – die Schulleitungen in Hackenbroich – z.B. bei der Bezirksregierung in Düsseldorf für andere Finanztöpfe einsetzen. Vielleicht kann auch ein Sport- oder Integrations-Topf angezapft werden, z.B. in Absprache mit dem TuS Germania Hackenbroich oder dem städtischen Integrationsteam.

Sehen Sie doch noch Hoffnung für die vierte Stelle im KJT?

Deußen Wir tragen diese vierte, vor kurzem wiederbesetzte Stelle sogar für die Übergangszeit jetzt erstmal noch ein Jahr mit. Ich habe aber die klare Erwartungshaltung an den Träger, dass er sich alternative Förderungen sucht. Für Sozialtrainings z.B. bieten sich sinnvollerweise Außenstehende an – klassische Schulsozialarbeiter haben eher Problemlöser-Funktion. So eine projektbezogene Sozialarbeitsförderung an Schulen durch Stiftungen o.ä. könnte noch eine andere Kompensationsmöglichkeit für die ausfallenden städtischen Mittel sein.

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