Busfahrer lässt Schüler an Kreuzung aussteigen „Vollbremsung wäre nicht im Sinne aller Beteiligten gewesen“

Update | Hünxe · Durch sein Verhalten habe der Fahrer die Kinder nicht in Gefahr gebracht: Auf entsprechende Vorwürfen von Eltern reagiert jetzt die Bahn als Betreiber der Buslinie.

 Um den Schülertransport im Bus gibt es Ärger.

Um den Schülertransport im Bus gibt es Ärger.

Foto: Miriam Bongers

Die entscheidende Haltestelle am Schulzentrum gar nicht erst angefahren, Schulkinder statt an der regulären Haltestelle an einer viel befahrenen Kreuzung aussteigen lassen: Die Vorwürfe gegen einen Fahrer der SB 21 seitens zweier Mütter aus Drevenack, deren Kinder das Andreas-Vesalius-Gymnasiums in Wesel besuchen, hatten es in sich. Nachdem die DB Regio als Betreiber der Rheinlandbus-Linie die vermeintlich falsche Tour, die nicht die Haltestelle Schulzentrum einschloss, als Fehler der Schüler identifiziert hat (unsere Redaktion berichtete), weist sie nun auch den Vorwurf zurück, der Fahrer habe die Kinder durch das Aussteigen an der falschen Stelle in Gefahr gebracht.

Zwar sei es richtig, dass der Fahrer SB 21 einige Kinder zwischen zwei Haltestellen habe aussteigen lassen, bestätigt ein Sprecher des Unternehmens. Doch zu einer Gefährdung der Kinder sei es nicht gekommen. „Scheinbar hat der Fahrer den Haltewunsch nicht wahrgenommen, oder die Kinder haben den Halteknopf nicht rechtzeitig gedrückt. Dies kommt immer mal wieder vor. Es wäre sicherlich nicht im Sinne aller Beteiligten, wenn der Fahrer dann eine Vollbremsung durchführt, damit die Haltestelle noch knapp angesteuert werden kann“, so der Sprecher.

In diesem Fall habe der Fahrer auch keine Gefahrenbremsung gemacht, sondern die Kinder im Bereich vor der nächsten Ampel respektive Kreuzung vorne aussteigen lassen, damit er den Ausstieg beaufsichtigen konnte. „An dieser Stelle besteht ein Tempolimit von 50 km/h, und es gibt einen breiten Rad- und Fußweg entlang der Straße, so dass es im Auge des Fahrers zu keinerlei Gefahrensituation für die Kinder kommen konnte“, betont der Sprecher. Das Halten außerhalb von Haltestellen ist laut DB Regio im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr grundsätzlich erlaubt. Von dieser Möglichkeit werde allerdings tagsüber kaum Gebrauch gemacht.

Auslöser für die Erklärungsversuche der Bahn waren von Eltrern erhobene Vorwürfe gegen einen Fahrer des Busunternehmens. Aus Sicht von Tatjana Rittmann aus Drevenack ist Folgendes passiert: Ihr Sohn, 13 Jahre alt, ist Schüler des Andreas-Vesalius-Gymnasiums (AVG) in Wesel, an dem er die achte Klasse besucht. Er nutzt ein Schokoticket, um Tag für Tag aus seinem Wohnort zu seiner Schule und von dort wieder zurück zu fahren.

So auch am vergangenen Donnerstag, an dem er gegen 7.13 Uhr in den Rheinlandbus SB 21 einstieg, um bis Wesel Schulzentrum Mitte zu fahren. Böse Überraschung: Dort hielt der Bus überhaupt nicht. „Das Schulzentrum Mitte wurde gar nicht erst angefahren. Der Bus hielt an der Post in Wesel“, schildert die aufgebrachte Mutter. „Kennt der Busfahrer seinen Fahrplan nicht?“

Und wie es der Zufall so will: Als mittags ihr Sohn in einer Freistunde, wiederum an der Post, in den SB 21 Richtung Drevenack steigt, sitzt am Steuer derselbe Fahrer wie auf der Hinfahrt am Morgen. Der Bus hält aber nicht an der Haltestelle in der Mitte der Ortsdurchfahrt, wo die Schüler aus Drevenack üblicherweise aussteigen, sondern fährt einfach weiter, „obwohl die Kinder gerufen und Stopp gedrückt hatten“, wie Tatjana Rittmann berichtet. Die Kinder seien erst an der nächsten Kreuzung der B 58 herausgelassen worden.

Darüber ist sie regelrecht erschrocken. „Das ist doch wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Die Unfallgefahr ist doch wohl viel zu groß.“ Zudem habe ihr Sohn ihr erzählt, dass der Busfahrer die Kinder angeschrien und die hintere Türe verschlossen habe, sodass die Kinder nach vorne hätten rennen und mit den Fäusten gegen die Türe schlagen müssen, bis geöffnet worden sei. „Was passiert als nächstes? Schlägt er die Kinder? Schmeißt er sie aus dem Bus?“, fragt sich Tatjana Rittmann.

Mit ihrer Empörung ist sie nicht allein. Von „überragender Inkompetenz“ spricht Miriam Bongers. Ihre Tochter besucht die fünfte Klasse. Als sie unverhofft in Wesel an der Post aussteigen musste, sei ihr mangels Ortskenntnis nichts anderes übriggeblieben, als der „Herde“ der Schüler zu folgen, erzählt sie unserer Redaktion. Dass der Busfahrer tags darauf die Kinder gar nicht erst in den Bus gelassen, sondern die Fahrt nur kurz verlangsamt habe und dann ohne anzuhalten weitergefahren sei, macht sie fassungslos.

Warum der Bus die Kinder nicht am Schulzentrum, sondern an der Post abgesetzt hat, dafür hat die DB Regio als Betreiber der Buslinie auf Nachfrage bereits eine Erklärung geliefert. Es gebe nämlich zwei nahezu gleichzeitig fahrende Busse, die als SB 21 unterwegs seien. Der eine fahre um 7 Uhr ab Schermbeck, Rathaus, bis zum Bahnhof in Wesel – „und nicht über das Schulzentrum“, betont ein Sprecher der DB Regio. Im Gegensatz zum fünf Minuten später in Schermbeck abfahrenden Bus, der bis zum Schulzentrum Mitte in Wesel fahre.

„Der 7 Uhr-Bus hatte an dem Tag Verspätung, und daher kam der 7.05 Uhr-Bus eher als der andere an den Haltestellen in Drevenack vorbei. Die Schüler und Schülerinnen dachten wohl, dass es der erste Bus sei, achteten aber nicht darauf, dass als Zusatz ,Bahnhof‘ ausgeschildert war. Daher stiegen sie dann in den zweiten, verspäteten Bus ein. Einige Kinder bemerkten dies während der Fahrt, drückten den Haltewunschknopf und stiegen zum Teil an der Haltestelle ,Post‘ aus“, schildert der Sprecher, wie sich der Vorfall aus Sicht des Unternehmens darstellt. „Der Fehler liegt also bei den Schülern, die einfach in den falschen Bus gestiegen sind.“ Die befragten Fahrer hätten im Übrigen verneint, dass sie unfreundlich zu den Kindern gewesen seien.

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