Autokauf Überführungskosten: Abzocke oder Notwendigkeit?

Düsseldorf (RP). Wenn Sie sich einen Neuwagen zulegen, sollten Sie nicht nur den Preis kalkulieren, sondern mit einem teuren Extra rechnen: Autobauer verlangen oft saftige Überführungskosten für Neuwagen. Keine andere Branche lässt sich diese Leistung bezahlen. Der ADAC fordert ein Ende dieser Praxis.

Überführungskosten der Hersteller
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Überführungskosten der Hersteller

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Foto: Hersteller

Die wohl teuerste Fahrt für einen Neuwagen-Käufer liegt zwischen Köln-Niehl und Köln-Weidenpesch. Sie beträgt exakt 5,1 Kilometer - und kostet 495 Euro. Klingt verrückt, ist aber wahr. Denn in Niehl produziert Ford das Modell Fiesta. Der nächste Händler, bei dem man den Wagen kaufen kann, liegt in Weidenpesch. Für die Wegstrecke vom Werk zum Händler zahlt der Kunde Überführungskosten. 495 Euro. Für 5,1 Kilometer. Knapp 100 Euro pro Kilometer, das klingt wahrlich verrückt, ist aber keine Ausnahme. Alle Autobauer berechnen teils saftige Überführungskosten, nach ADAC-Angaben bis 900 Euro. "Die Preise stehen in keinem Verhältnis zur erbrachten Leistung", kritisiert Ulrich May, Verbrauchschutzanwalt beim ADAC.

Auf Anfrage rattern Händler eine ganze Reihe angeblicher Aufwändungen runter, mit denen sie die Aufschläge rechtfertigen: Transportversicherung, Reinigung, Inspektion - ob der Wagen auch wirklich fährt, Fahrzeugbrief, eventuell Fußmatten...Die Liste erstaunt, denn diese Preispolitik gibt es in keiner anderen Branche. Oder haben Sie schon mal 40 Euro Aufschlag abgedrückt, weil Ihrer neuen Kaffee-Maschine eine Bedienungsanleitung beiliegt? Oder erheben Elektronikfirmen 70 Euro Extragebühr, weil eine Endkontrolle bestätigt, dass die neue Digitalkamera tatsächlich Bilder schießt?

Natürlich kann der Kunde dem Autohaus die kalte Schulter zeigen, doch der Weg zur Konkurrenz gleicht einem Lotteriespiel. Weil die Händler nämlich bei der Preisgestaltung frei sind, variieren die Überführungskosten für ein und dasselbe Modell innerhalb einer Stadt teils stark. Das gilt von Alfa Romeo bis Volvo für alle Marken. Für den Fiesta ergaben Anfragen bei drei praktisch benachbarten Autohäusern Unterschiede bei den Aufschlägen von 495, 550 bzw. 590 Euro. Ein Händler forderte gar "so um 650 bis 690 Euro".

Genaue Angaben werden vermieden

Genaue Angaben über die Höhe der Überführungskosten vermeiden viele Händler möglichst lange - und handeln damit gesetzwidrig. Auf Verkaufstafeln steht dann lediglich in kleinen Lettern "zzgl. Überführungsgebühren", was dem Oberlandesgericht Hamm nach einem aktuellen Urteil (Az. 4 U 137/04) nicht reicht. "Das ist ein abmahnfähiger Verstoß gegen die Preisangabenverordnung", sagt Anwalt Mayer. "Der Verbraucher muss erkennen können, welcher Gesamtpreis letztendlich auf ihn zukommt."

Autohäuser locken wie nie zuvor Käufer mit Rabatten, mit der Geheimnistuerei um die Transportkosten wollen sie sich offenbar bis zum Vertragsabschluss eine Einnahmequelle offen halten. Zudem satteln viele Händler auf die vom Werk geforderte Überführungs-Pauschale noch was drauf. So empfiehlt Audi für den A2 Überführungskosten von 330 Euro, Händler verlangen aber bis zu 595 Euro.

Auch Selbstabholer zahlen

Das alles klingt vielleicht schon verrückt, aber es kommt noch besser. Denn auch Selbstabholer erleben in Sachen "Überführungskosten" Absurdes: Ein Tag Urlaub genommen, Anreise, Verpflegung - und aus Dank, weil sie die Ware selber abholen, wird am Werkstor ein satter Betrag fällig. Nach ADAC-Angaben sind es bei Porsche in Zuffenhausen 440 Euro, für den Porsche Cayenne in Leipzig 600 Euro und Audi (inclusive Erlebnisarrangement) verlangt bis zu 470 Euro. Ausnahme: Wer seinen Mercedes von der Fabrik abholt, zahlt keinen Cent.

Rechtlich lässt sich weder gegen Abholer-, noch Überführungsaufschlag etwas einwenden, weshalb Experten beim Autokauf zu Wachsamkeit raten. Das bedeutet: Überführungskosten bei den Verkaufsverhandlungen ansprechen - und dann feilschen.

Langfristig fordern Verbraucherschützer jedoch ein Ende des Preisroulettes. Autokonzerne und Händler sollen endlich für ihre Produkte Komplettpreise angeben. So wie sonst überall üblich. Scheint irgendwie vernünftig.

(Rheinische Post)
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