Wien Wien feiert seinen Kongress im Museum

Wien · Vor 200 Jahren tanzte der Wiener Kongress. Zwei Ausstellungen erinnern an das Großereignis.

Der für seine geistreichen Bemerkungen geschätzte Charles Joseph Fürst de Ligne äußerte über den Wiener Kongress: "Eine seltsame Sache, die man hier zum ersten Mal sieht. Das Vergnügen erringt den Frieden." Zwei Wiener Ausstellungen blicken auf das Großereignis zurück: Nach der Niederlage Napoleons berieten Vertreter aus rund 200 Staaten vom 18. September 1814 bis 9. Juni 1815 über die Neuordnung Europas.

Die Kaiserliche Wagenburg widmet sich unter dem Titel "Der Kongress fährt" den eigens für die hohen Gäste gebauten 167 Kutschen unterschiedlicher Typen. Alle waren dunkelgrün lackiert und wiesen goldene Beschläge auf. Die drei erhaltenen Kutschen sind ausgestellt.

Absolutes Prunkstück ist der mit vergoldeten Rädern ausgestattete "Leibwagen" von Kaiser Franz I. Die mit Goldstickerei und Goldfransen verzierte Schlittendecke und das mit 350 vergoldeten Glöckchen ausgestattete Schlittengeschirr für den nicht erhaltenen Kaiserschlitten weisen auf einen Höhepunkt der Festveranstaltungen hin: die große Hofschlittenfahrt.

Im Unteren Belvedere werden unter dem Motto "Europa in Wien" die politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Dimensionen des Kongresses in den Blick genommen. Nie zuvor oder danach sind an einem Ort so viele Herrscher und politische Entscheidungsträger zusammengekommen - und niemals sind sie so lange geblieben. Nachdem Napoleon in den Freiheitskriegen niedergerungen worden war, galt es eine Friedensordnung zu installieren, die auf dem Gleichgewicht der Großmächte Österreich, Preußen, Russland, Großbritannien und Frankreich beruhen sollte.

Die Schau zeigt das Geschehen im Spiegel der Kunst: mit 290 Porträts, Ereignisbildern, erlesenen Beispielen des Kunsthandwerks, Erinnerungsmedaillen und Souvenirs. Auf einer kolorierten Lithografie (1833), die Franz Wolf nach einer Vorzeichnung Johann Nepomuk Höchles anfertigte, sehen wir Kaiser Franz I. von Österreich, der die verbündeten Herrscher - Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen - vor den Toren Wiens begrüßt. Eine Porträtgalerie stellt die Hauptakteure des Kongresses vor.

Dirigent der Verhandlungen war Österreichs Vertreter Fürst von Metternich. Er gilt als durchtriebener Lebemann. Aber auf dem Gemälde (um 1814) von Thomas Lawrence sitzt er freundlich lächelnd in einem Sessel. Frankreichs Abgesandter Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord blickt auf der von Louis Desprez geschaffenen Marmorbüste (1839) finster drein.

Insbesondere die erste Phase des Kongresses zeichnete sich durch glanzvolle Feste aus. Zahlreiche Bilder halten die Erinnerung an Theateraufführungen, Maskenbälle und von Beethoven veranstaltete Konzerte wach. Fürst de Ligne bemerkte: "Der Kongress tanzt, aber er bewegt sich nicht."

"Europa in Wien" Bis Juni im Unteren Belvedere und in der Orangerie, Wien. "Der Kongress fährt" Ebenfalls bis Juni in der Kaiserlichen Wagenburg, Schloss Schönbrunn, Wien.

(RP)
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