Papst Franziskus hat entschieden Erzbischof Stefan Heße bleibt trotz Pflichtverletzungen im Amt

Hamburg / Köln · Papst Franziskus hat den Amtsverzicht des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße nicht angenommen. In seiner Zeit als ehemaliger Personalchef in Köln waren Heße im Missbrauchsgutachten elf Pflichtverletzungen vorgeworfen worden.

 Stefan Heße bleibt nach dem Willen des Papstes Hamburger Erzbischof.  Foto: dpa

Stefan Heße bleibt nach dem Willen des Papstes Hamburger Erzbischof. Foto: dpa

Foto: dpa/Axel Heimken

Rom hat gesprochen. Und Rom hat erneut vermeintliche Milde walten lassen. Nach Kardinal Reinhard Marx (67) wird nun auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße (55) im Amt bleiben können, nachdem beide zuvor ihren Rücktritt angeboten hatten. Gestern kam die Entscheidung aus Rom, dass der Heilige Stuhl „nach eingehender Prüfung“ der Dokumente für den fraglichen Zeitraum zwar Mängel in der Organisation und Arbeitsweise des Erzbischöflichen Generalvikariates sowie persönliche Verfahrensfehler Heßes festgestellt“ habe. Allerdings zeigte die Untersuchung nicht, dass diese „mit der Absicht begangenen wurden, Fälle sexuellen Missbrauchs zu vertuschen“.

Bereits vor einem halben Jahr hatte Hamburgs Erzbischof Heße dem Papst seinen Amtsverzicht angeboten. Ihm hatte das maßgebliche Missbrauchsgutachten des Strafrechtlers Björn Gercke in seiner Zeit in Köln insgesamt elf Fälle von Pflichtverletzungen bei der Aufklärung von Missbrauchstaten vorgeworfen. Stefan Heße, in Köln aufgewachsen, war im Erzbistum Generalvikar und zwischen 2006 und 2011 auch Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal. 2015 ernannte Papst Franziskus ihn zum Erzbischof von Hamburg.

Durch die Entscheidung aus Rom „wird Erzbischof Stefan Heße eine enorme moralische Last auf die Schultern gelegt, der jetzt erst einmal wieder Fuß fassen muss“, während „die Opfer sexualisierter Gewalt das wie ein Schlag ins Gesicht begreifen müssen, weil erneut keine personellen Konsequenzen gezogen werden“, so der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller im Gespräch mit unserer Redaktion. Kirchenrechtlich müsse man zudem bedenken, dass Heße damals zunächst weisungsabhängiger Personalchef von Kardinal Meisner und anschließend Generalvikar gewesen sei. „Die Tatsache, dass er diese Pflichtverletzungen nicht als Bischof begangen hat, könnte ein Grund sein, ihn im Amt zu belassen. Außerdem hat er die Pflichtverletzungen aus Sicht der Visitatoren und des Papstes nicht vorsätzlich getan. Begünstigend kam im Fall Heße hinzu, dass er ein reumütiger Sünder ist, indem er seinen Rücktritt selbst angeboten hat“, so Schüller.

Möglicherweise könnte es nach den Worten Schüllers  trivialere Gründe für das Votum Roms zugunsten des Erzbischofs geben: „Die Entscheidung des Papstes hat auch einen personalpolitischen Hintergrund: Denn wo sollen die neuen Erzbischöfe alle herkommen? Es gibt keine mehr in Deutschland.“

 Stefan Heße reagierte gestern mit einer schriftlichen Stellungnahme auf das römische Votum: „Die mir gewährte Auszeit ist beendet und ich übernehme nun nach dem Willen des Papstes ausdrücklich wieder Verantwortung als Erzbischof von Hamburg. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass es nicht unbedingt leicht sein wird, meinen Dienst wieder aufzunehmen.“

 Jetzt wird erwartet, dass der Vatikan sich in den kommenden Tagen auch zu den Fällen der beurlaubten Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff äußern wird sowie zu Kardinal Rainer Maria Woelki, dessen Rückhalt bei den Gläubigen im Erzbistum von zwei Visitatoren im Juni dieses Jahres geprüft worden war. Ihr Abschlussbericht soll Papst Franziskus vor geraumer Zeit vorgelegt worden sein.

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