Düsseldorf Künstlers Werk und Gottes Beitrag

Düsseldorf · "The Problem of God" heißt die umfassende Ausstellung der Kunstsammlung NRW im Ständehaus (K21). 120 Werke und 33 zeitgenössische Positionen bedienen sich in ihrer Formensprache der christlichen Symbolik.

Gott kann keine Probleme haben, denn sonst wäre er nicht Gott. So liegt im Titel der Ausstellung, die ab heute im Düsseldorfer Ständehaus läuft, eine leise Provokation. "The Problem of God" ist nicht nur der gut klingende Titel eines ganz passablen Kunstwerks, das Pate stand. Dieses weist auf das große Thema dieser überwältigenden Bilderschau hin. Unauffällig neben bunten und lauten Werken reiht sich das kleine Buch auf einem gläsernen Sockel ein. Der Tscheche Pavel Bücher hat ein Vergrößerungsglas hineingelegt, so dass die Linse das Wort "invisible" sichtbar macht.

Unsichtbares sichtbar machen, Erahnbares begreifbar formulieren, Dinge zum Betrachter holen, die voller Geheimnisse sind - das alles ist in der von der Deutschen Bischofskonferenz initiierten und von der Bundeskulturstiftung mit einer halben Million Euro geförderten Ausstellung ein Anliegen. 33 Künstler bedienen sich in ihrer Formensprache der christlichen Symbolik - sehr eng oder auch im weitesten Sinne. Die christliche Bildertradition ist Teil unserer Kultur, ein universales Kulturgut. Daraus schöpfen wir Bilder und Botschaften, Schriften, Symbole, Andacht und Rituale.

"Problem of God" ist keine PR-Veranstaltung der Kirche. Obwohl das Zweite Vatikanische Konzil vor 50 Jahren äußerer Anlass für die bundesweit stattfindende Kunstreihe ist. Nach mehrjähriger Beratung wurde 1965 in Rom eine Öffnung der Kirche zur Gesellschaft und damit zur Kunst beschlossen. Heute sieht man: Offener könnte es gar nicht sein. Doch zeigt die Ausstellung weder sakrale Kunst, noch handelt sie direkt von Religiosität. Die Künstler überführen die vertrauten Details der Bildspeicher vielmehr in neue inhaltliche wie bildästhetische Zusammenhänge. Das Göttliche in der Kunst ist indes präsent. Die Räume des Ständehauses könnten besser nicht dienen mit den Arkaden und ihren Nischen, auch mit dem Untergeschoss, das über eine Apsis verfügt.

10.000 Schritte muss man gehen, um an der Kunst teilzuhaben, die an Wänden hängt, zu Installationen aufgebaut ist oder in dunklen, für die Projektion verhüllten Räumen läuft. Als "Prozession der Kunst" bezeichnet die Direktorin der Kunstsammlung, Marion Ackermann, den Erlebnischarakter der Rundgänge auf drei Etagen. Eine Glocke ohne Klöppel begrüßt den Besucher, sie schwingt jede halbe Stunde in ihrem riesigen Gelenk, nur schlagen kann sie nicht. Zum ersten Stock lädt eine mehrteilige Videoinstallation von Francis Alys ein, die vom Gehen und vom Innehalten handelt. Der Künstler behauptet, Gehen sei eine Form des Widerstands in schnelllebiger Zeit. In mehreren Videos erlebt man dann Grandioses: Bill Violas beleuchtetes Glasbild zeigt Erstaunen in fünf Gesichtern - eine Anspielung auf Hieronymus Bosch oder Mantegnas "Anbetung der Heiligen". Ein paar Nischen weiter "Die Verkündung". Die Finnin Eija-Liisa Ahtila hat ein halbstündiges Video auf drei Leinwänden kreiert, das in Oberhausen bei den Kurzfilmtagen prämiert wurde: Die Verkündigung der Geburt Jesu an Maria durch den Erzengel Gabriel - dargestellt wie in einer trashigen US-Serie mit Laiendarstellern, in der Enge eines piefigen Milieus, umgeben von der Weite der finnischen Wälder. Das ist eindringlich, zynisch und bilderromantisch zugleich, eine Sozialstudie über Leben und Glauben zu allen Zeiten.

Große Namen sind versammelt, entsprechend die Kraft der Werke von Katharina Fritsch, Tacita Dean, James Turrell, Francis Bacon, Hermann Nitsch, Andrea Büttner oder Danh Vô. Eine Frau ist es, die mit geschundenen Körpern und Tieren das Existentielle vor allem zum Thema erhebt. Die Belgierin Berlinde de Bruyckere baut an Christus gemahnende Schmerzensmänner zusammen, verdichtet in ihren Grausamkeitsskulpturen die Verletzung der Kreatur. Achtsamkeit gegenüber dem Leben, könnte eine Botschaft dieser Schau lauten. Ganz sicher würde Papst Franziskus sie lieben.

(RP)
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