Frankfurt/Main Kritik an Buchpreis-Kür: "Kunst ist kein Sport"

Frankfurt/Main · Als Eugen Ruge im vergangenen Jahr den Deutschen Buchpreis erhielt, dauerte es nur wenige Tage, bis "In Zeiten des abnehmenden Lichts" auf Platz eins sämtlicher Bestsellerlisten stand. "Deutlich über 350 000 Exemplare" hat der Rowohlt-Verlag seither davon verkauft, berichtet Verleger Alexander Fest. Die Auszeichnung habe den Erfolg des Buchs "außerordentlich befördert". Seit 2005 vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels den Deutschen Buchpreis. Einer der Erfolgsfaktoren ist die gestaffelte Ernennung.

Das Rennen geht heute los: Dann veröffentlicht der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die sogenannte Longlist mit 20 Titeln, am 12. September folgt die Shortlist, auf der sechs Titel übrigbleiben. Erst am 8. Oktober, kurz vor Beginn der Frankfurter Buchmesse, wird der Sieger bekanntgegeben. Das sichert die volle mediale Aufmerksamkeit. Dass der Sieger 25 000 Euro erhält und die übrigen fünf Autoren der Shortlist je 2500 Euro, ist fast Nebensache angesichts der Publicity. Fest schätzt, dass die Verkaufszahlen von Ruges Buch dank der Auszeichnung etwa auf das Dreifache gestiegen sind.

Nicht nur für den Rowohlt-Verleger ist der Buchpreis "der einflussreichste Preis für ein einzelnes Buch im ganzen deutschsprachigen Raum". Doch die Schriftsteller halten das Procedere nicht alle für eine gute Idee. Am drastischsten formulierte Bestsellerautor Daniel Kehlmann seine Kritik. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" plädierte er schon 2008 dafür, den Preis wieder abzuschaffen. Die Vergabe-Prozedur sei für Schriftsteller "demütigend" und "eine Quelle der Sorge und der Depression". Kunst sei kein Sport. "Ein solches Spektakel mag die Umsätze des Buchhandels erhöhen, für die Literatur ist es bedauerlich (...)", befand Kehlmann.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verteidigt die "Dramaturgie" des Preises: Die stufenweise Juryauswahl habe sich sehr bewährt, findet Sprecherin Claudia Paul. "Dadurch wird nicht nur ein Siegertitel in den Mittelpunkt gerückt, sondern die Aufmerksamkeit auf eine Vielzahl von Neuerscheinungen gelenkt." Außerdem werde damit die Arbeit der Jury transparent. Anders als bisweilen behauptet werde kein Autor gezwungen, persönlich zur Preisvergabe am Tag vor Eröffnung der Buchmesse im Frankfurter Literaturhaus anzureisen.

(RP)
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