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Kinostart des Thriller-Dramas „Stillwater“ Matt Damon auf den Spuren von Amanda Knox

Eine junge Frau, die womöglich unschuldig im Gefängnis sitzt. Ein ruppiger Vater, der sie da rausholen möchte. Und eine Französin, die ihm trotz kultureller Differenzen hilft. Der neue Film von „Spotlight“-Autor Tom McCarthy wandelt an der Grenze zwischen Drama und Thriller.

 Virginie (Camille Cottin) und Bill (Matt Damon) gehen im Film „Stillwater“ einem Hinweis nach.

Virginie (Camille Cottin) und Bill (Matt Damon) gehen im Film „Stillwater“ einem Hinweis nach.

Foto: Focus Features/Jessica Forde

Der arbeitslose Bohrarbeiter Bill Baker (Matt Damon) steht am Flughafen. Er kauft ein Andenken für seine Tochter Allison (Abigail Breslin). Von Stillwater, Oklahoma, reist er zu ihr nach Marseille. Ein paar Jahre zuvor ist sie zum Studium dorthin gegangen. In der südfranzösischen Stadt angekommen, fährt Bill jedoch nicht in ein Studierendenwohnheim, sondern ins Gefängnis. Seit vier Jahren sitzt Allison dort ein, verurteilt für den Mord an ihrer Freundin. Ein Mord, den sie auch jetzt noch bestreitet.

Regisseur und Autor Tom McCarthy (Oscar-prämiert für „Spotlight“) lässt das Drehbuch zu seinem neuen Film „Stillwater“ lose auf dem Fall von Amanda Knox basieren. Die Amerikanerin, die in Italien studierte, wurde dort 2007 für den Mord an ihrer Mitbewohnerin verhaftet und zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Sie beteuerte ihre Unschuld. Vier Jahre später wurde sie nach einer Berufungsverhandlung aus dem Gefängnis entlassen.

McCarthy folgt in seinem Thriller-Drama, das in diesem Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes außer Konkurrenz lief, jedoch nicht der verurteilten jungen Frau auf ihrem Weg zurück in die Freiheit. Stattdessen geht es um Bills Besuche bei ihr und ihr angespanntes Verhältnis zueinander. Als Allison von einem Hinweis erfährt, der ihre Unschuld beweisen könnte, bittet sie Bill um Hilfe.

Er soll einen Brief an die Staatsanwältin weiterleiten. Doch die lehnt ab, Allisons Fall noch einmal neu aufzurollen. Bei seinem nächsten Besuch im Gefängnis bringt Bill es nicht übers Herz, seiner Tochter die Hoffnung auf Freiheit zu nehmen. Also beschließt er, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

Unterstützung bekommt er dabei von einer zufälligen Bekanntschaft, der Französin Virginie (Camille Cottin). Sie übersetzt für ihn. Immer wieder wird Bill, der kein Französisch spricht, auf seiner Suche nach Beweisen mit Sprachbarrieren und kulturellen Unterschieden konfrontiert. Er, der gläubige Bohrarbeiter und Waffenbesitzer aus den Südstaaten, und sie, die Theater-Schauspielerin, die sich zuletzt für Zero Waste und Flüchtlinge eingesetzt hat, bilden ein ungleiches Duo. Trotzdem halten sie zusammen. Warum, wird nicht immer klar. Und doch zieht ihre Entwicklung das Publikum in den Bann. Besonders zu Maya (Lilou Siauvaud), der neunjährigen Tochter von Virginie, baut Bill schon bald ein enges Verhältnis auf. Sie bringt ihm Französisch bei, er ihr Englisch.

Das Dreier-Gespann verpasst dem Film eine gesunde Prise Humor. Besonders im Mittelteil steht die Dynamik ihrer Beziehung im Zentrum, bevor die Ereignisse sich überschlagen und Bill herausfindet, ob seine Tochter tatsächlich unschuldig ist. Darin liegt die Stärke von „Stillwater“. Statt sich allein auf den Versuch des Vaters zu fokussieren, seine Tochter aus dem Gefängnis zu holen, zeigt der Film auch das Leben, das Bill in Frankreich führt, während er Allison besucht. Der franko-amerikanischen Austausch, dem er sich gezwungenermaßen stellt, steht im Mittelpunkt. Es ist eine zum großen Teil gelungene Zusammenführung zweier Storylines, die auch für sich genommen Stoff für einen Film geboten hätten.

Andererseits wirkt „Stillwater“ dadurch an einigen Stellen etwas aufgebläht. Die 139 Minuten ziehen sich nicht, trotzdem hätten die Filmemacher auf einige Aspekte der Geschichte verzichten können, ohne ihr insgesamt zu schaden. Wie ein Gegenentwurf dazu kommt dann schließlich das Ende. Die zuvor ausführliche Erzählweise wird hier überraschend eilig abgewürgt.

Die Verwebung von Thriller und Drama funktioniert, solange man weiß, worauf man sich einlässt. Das Plakat und auch der Trailer suggerieren einen schnelllebigen, packenden Film. Packend ist er durchaus, allerdings nicht temporeich genug für einen klassischen Thriller. Und auch die von der südfranzösischen Sonne gewärmten Bilder sind zu hell, sprechen eher für ein Drama. Nur wenn die Spannung steigt und Bill eine heiße Spur verfolgt, werden die Bilder dunkler.

Der Genre-Mix führt dazu, dass der Film sich mehr Zeit für seine Figuren nimmt, als vergleichbare Thriller es tun. Das Publikum bekommt Einblicke in Bills Leben sowie die Beziehung zu seiner Tochter. Mit der Zeit blickt man hinter die Fassade des immer etwas unfreundlich wirkenden Bohrarbeiters.

Komplettiert wird das von zumeist guten Dialogen und vor allem einem großartigen Cast. Besonders Matt Damon und die französische Schauspielerin Camille Cottin spielen ihre Rollen leidenschaftlich und subtil. Damons Spiel ist von einer Ruhe und zugleich einer Aufgeregtheit geprägt, die gut zu seiner Rolle eines Mannes passt, der eigentlich komplett fehl am Platz ist. Und der doch bleibt, um seiner Tochter zu helfen.

Beinahe in den Schatten gestellt wird seine Leistung jedoch von Lilou Siauvaud, die in „Stillwater“ ihr Schauspiel-Debüt gibt. Das Mädchen spielt die Rolle der Maya so authentisch und frisch, dass sogar Co-Star Damon sich beeindruckt zeigte. Er bezeichnete sie gar als „die Meryl Streep unter den Achtjährigen“. Damit trägt Siauvaud zum Gelingen des Films bei, der trotz einiger vorhersehbarer Wendungen vor allem durch seine Figuren überzeugen kann.

„Stillwater – Gegen jeden Verdacht“, USA 2021 – Regie: Tom McCarthy, mit Matt Damon, Camille Cottin, Abigail Breslin, 139 Minuten

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