Schauspieler James Franco Wird er Hollywoods nächster Superstar?

Düsseldorf (RP). Es dürfte das Jahr des amerikanischen Schauspielers James Franco werden: Der 32-Jährige ist ab nächster Woche als Bergsteiger in Danny Boyles Drama "127 Hours" zu sehen. Vielleicht überreicht er sich dafür am 27. Februar selbst einen Oscar: Franco moderiert die Verleihung in Hollywood.

Schauspieler James Franco startet durch
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Das ist einer dieser Typen, die Männer neidisch machen und Frauen so eigenartig schmunzeln lassen. Beide Reaktionen auf James Franco sind berechtigt. Er nervt ein bisschen, weil er alles, wirklich alles ziemlich gut kann: schauspielern, Regie führen, schreiben, malen. Zudem ist er amüsant, gebildet und, klar, er sieht nicht schlecht aus.

James Franco ist Hollywoods verheißungsvollstes Talent, in den USA ist er allgegenwärtig, man betrachtet in Galerien seine Installationen, sieht im Kino seine Glanzvorstellung in "127 Hours", dem neuen Film von Oscar-Gewinner Danny Boyle ("Slumdog Millionär"), und stößt beim Blättern in Magazinen auf die Gucci-Werbung mit seinem Konterfei. Wir Europäer lernen ihn in den nächsten Monaten kennen, genaugenommen dürfte 2011 sein Jahr werden, wir kommen gar nicht an ihm vorbei. Eine gute Gelegenheit also, ihn rasch vorzustellen.

James Franco ist 32 Jahre alt, er wurde in Kalifornien geboren, und soeben hat er seiner ersten Sammlung mit Kurzgeschichten den Namen seiner Heimatstadt gegeben: "Palo Alto". Die Texte sind in Ordnung, etwas überambitioniert vielleicht. "Vor zehn Jahren, es war mein zweites Jahr an der Highschool, brachte ich an Halloween eine Frau um", lautet der erste Satz einer Story, und daran erkennt man, was Franco für einer ist: ein intellektueller Macker, der es auf halbem Weg zwischen Kerouac und Hemingway krachen lassen will.

Am liebsten spielt er Einzelgänger

Im Hauptberuf ist James Franco indes Schauspieler. Spezialbereich: Außenseiter und Einzelgänger, zärtliche Chaoten. Seine erste Großtat war 2001 die Rolle des James Dean, das passte, er spielte den Helden des melancholischen Dagegenseins linkisch, mit gebeugtem Rücken und hochgezogenen Schultern. Franco bekam den Golden Globe für diesen Auftritt mit Lederjacke und Hornbrille, und dass der Film dann doch kein Hit wurde, lag an der allzu routinierten Regie und dem uninspirierten Drehbuch. Fortan glänzte Franco in prominenten Nebenrollen, in der "Spiderman"-Reihe als Freund von Peter Parker, in Gus Van Sants Politiker-Biografie "Milk" als Lebensgefährte des Schwulen-Aktivisten Harvey Milk und als Liebhaber Julia Roberts' in "Eat, Pray, Love".

"127 Hours" könnte ihm Oscar bescheren

Von übernächster Woche an wird er bei uns als Bergsteiger Aron Ralston in Danny Boyles "127 Hours" zu sehen sein. Eine Hauptrolle. Der echte Ralston klemmte sich beim Freeclimben in den Canyons von Utah einen Arm unter einem Felsbrocken ein, und nachdem ihn nach sechs Tagen in einer Felsspalte niemand gefunden hatte, amputierte er ihn sich mit einem stumpfen Taschenmesser.

Das Buch, in dem Ralston das Erlebnis verarbeitete, wurde zum Bestseller, und nun gelingt Franco das Kunststück, dass man 110 Minuten gebannt vor der Leinwand sitzt, obwohl das Ende bekannt und die meiste Zeit über nur ein Schauspieler zu sehen ist. Könnte sein, dass Franco sich am 27. Februar selbst einen Oscar für diese Leistung überreicht: Er moderiert mit Anne Hathaway die Gala im Kodak Theatre.

Franco ist ein besessener Vorbereiter, er geht nach den Regeln des Method Acting vor, versucht mit der Person, die er spielt, zu verschmelzen. In "Howl" gelang ihm das am überzeugendsten. In dem filmischen Triptychon aus Prozessszenen, Lesung und Interview verwandelt er sich in Allen Ginsberg. Er liest dessen Langgedicht "Howl", das wegen vermeintlicher Obszönität 1957 zum Gerichtsfall wurde, und man merkt, dass Franco monatelang nichts anderes auf dem iPod hörte als Ginsbergs Lesung des Textes: Da ist kaum ein Unterschied zwischen Franco und Ginsberg. Franco ist Ginsberg.

Franco gehört zu einer Gruppe US-Intellektueller, denen kein Projekt zu abenteuerlich ist, deren kreative Kraft unerschöpflich scheint. Wie Jonathan Safran Foer und Dave Eggers in der Literatur lässt er das für diese Altersgruppe charakteristische Selbstbewusstsein aus klassischer Schulbildung und Sozialisierung in der Popkultur in seine Arbeit einfließen. Er liest Joyce und Proust, beteiligte sich an Performances der Künstlerin Marina Abramovic. Er machte Abschlüsse an der New York University (in Film), an der Columbia University und am Brooklyn College (Literatur).

Er führte Regie bei einer Reihe eigener Filme, deren bester, "Good Time Max", eben als DVD auf Deutsch erschienen ist. Er arbeitet an Verfilmungen der Roman-Giganten "Als ich im Sterben lag" von William Faulkner und "Blood Meridian" von Cormac McCarthy. Er studiert Englisch in Yale, und es gibt zwischen einer Pool-Party in San Francisco und einer Galerie in Lower Manhattan keinen Ort, wo man ihn sich nicht vorstellen könnte.

In seiner Freizeit ist er Künstler

Natürlich ist nicht alles gelungen, was sein Ideen-Labor verlässt. Die Kunst, die er unter dem Titel "The Dangerous Book For Boys" am 11. Februar in der Berliner Galerie Peres Projects Mitte ausstellt, ist eher egal. Aber Franco hat Selbstironie, er ist kein verbissener Streber. In dem US-Serien-Evergreen "General Hospital" hatte er unlängst einen Auftritt als smarter, etwas rätselhafter Installationskünstler mit dem Namen Franco.

Es war die Idee des Hollywoodstars, sich als Künstler, der einen Künstler mit dem Namen eines Hollywoodstars spielt, in die TV-Reihe einzubringen. Er selbst möchte es als postmodernes Statement verstanden wissen, als Infiltration des seichten Mediums durch die hohe Kunst. Diese Interpretation ist natürlich gaga und auch ein bisschen nervig. Aber darüber, dass das Vorhaben überhaupt klappte und auch noch Millionen dabei zusahen, darf man schon schmunzeln.

(RP)
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