Film-Kritik "Die purpurnen Flüsse 2": Religiöse Paranoia

Bis ins finstere Mittelalter reicht die Spur, die Kommissar Niemans im Thriller "Die Purpurnen Flüsse 2 - Die Engel der Apokalypse" verfolgt. Gedreht in der Maginot-Linie, bietet die größtensteils unterirdische kilometerlange Verteidigungsanlage, die in den 30er Jahren im französischen Lothringen gebaut wurde, die perfekte Szenerie für eine Serie von Morden.

<P>Bis ins finstere Mittelalter reicht die Spur, die Kommissar Niemans im Thriller "Die Purpurnen Flüsse 2 - Die Engel der Apokalypse" verfolgt. Gedreht in der Maginot-Linie, bietet die größtensteils unterirdische kilometerlange Verteidigungsanlage, die in den 30er Jahren im französischen Lothringen gebaut wurde, die perfekte Szenerie für eine Serie von Morden.

Im Zweiten Weltkrieg war das aufwendige Bollwerk gegen die anrückenden Deutschen nicht zu gebrauchen. In den französischen Thriller, der am 8. April anläuft, kommt allerdings die labyrinthische Festungsanlage zu neuen Ehren. Und neben ihr noch weitere historische Bezugspunkte, die an vergangene kriegerische Auseinandersetzungen erinnern.

Der französische Großregisseur Luc Besson ("Das fünfte Element", "Joan d'Arc") hat die Fortsetzung des erfolgreichen Thrillers "Die purpurnen Flüsse" produziert und schrieb auch gleich das Drehbuch. Und da die Übertreibung sein liebstes Stilmittel ist, greift er vollkommen ungeniert in die historische Mottenkiste und fabuliert drauflos.

Den Auftakt bildet ein Strom von Blut, das hinter einem "Marterl" zu fließen beginnt: Im Kloster Lothaire hat ein neu eingezogener Mönch versucht, ein Kruzifix an die Wand seiner Zelle zu nageln. Mirakel oder Mord? Alsbald taucht vor Redas Auto ein Mensch mit langen Haaren auf, der sich Jesus nennt und mit einer Schusswunde delirierend ins Krankenhaus eingeliefert wird.

Düstere Kapuzenmänner mit scheinbar übernatürlichen Kräften morden im deutsch-französischen Grenzgebiet noch mehr Männer, die alle biblische Namen tragen. Und es bedarf schon des Rates der ernst blickenden Religionswissenschaftlerin Maria, damit Reda und Niemans kapieren, dass es irgendwie um die Bibel und die 12 Apostel geht.

Vollkommen ironie-frei

Was am Anfang so forciert düster beginnt wie "Derrick auf Ecstasy", wie ein perplexer französischer Kritiker anmerkte (und dabei wohl auch auf Jean Renos Augenringe anspielte), wandelt sich zum religiös-paranoiden Mystery-Thriller mit altbösen germanischen Verschwörern - angefangen vom verblichenen König Lothar I. bis zum einem - kein Witz - "Minister für religiöse Angelegenheiten" aus Berlin.

Die Krimihandlung ist schlechterdings nicht zu verstehen, und die in fünfminütigen Abständen passierenden Morde vergrößern nur noch die Verwirrung. Doch der anachronistische Hokuspokus zwischen Maginot-Tunnel und Kloster, in dem stillgelegte Schützenpanzer wieder mit dem Schießen anfangen, Kreuze brennen und Mönche sogar im Supermarkt meucheln, geht so vollkommen ironie-frei über die Bühne, dass es eine Freude ist.

Diese französischen "Jäger des verlorenen lothringischen Schatzes" erinnern ein bisschen an "Fantomas" wie auch an Umberto Ecos Klosterkrimi "Der Name der Rose"; Geheimgänge, apokalyptische Weissagungen und Mystik-Kitsch amüsieren ebenso unfreiwillig wie der unverwüstliche Christopher Lee, der drohend sein weißes Haupt hebt.

Der gut abgehangene Jean Reno wird diesmal, statt wie im ersten Abenteuer von Vincent Cassel, von Benoît Magimel begleitet, Frankreichs beliebtestem Jungstar, der zuletzt für "Die Klavierspielerin" in Cannes einen Preis einheimste und sich nicht zu fein war, um bei diesem Unfug mitzumachen. Als Ermittler kommen die beiden ansehnlichen Herren jedes Mal zu spät an den Tatort und können nur noch die blutigen Reste aufsammeln.

Doch der Thriller kommt gerade recht um zu zeigen, dass Euro-Humbug mit Schauplätzen und historischen Anspielungen, die auf die Erfahrung hiesiger Zuschauer zugeschnitten sind, von mindestens ebenso unterhaltsamer Sinnlosigkeit ist wie der gewohnte Hollywood-Nonsens.

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