"Der die Tollkirsche ausgräbt" Franka Potente stellt erstes Regiewerk vor

Berlin (rpo). Franka Potente geht neue Wege: Nachdem sie nach ihrem Durchbruch in Deutschland auch in Hollywood Erfolge feiern konnte, versucht sich die Schauspielerin nicht mehr nur vor der Kamera, sondern auch dahinter. Auf der Berlinale in Berlin präsentierte sie am Montag ihr Regie-Debüt "Der die Tollkirsche ausgräbt". Der Film schaffte auch gleich den Sprung in die Berlinale-Nachwuchssektion "Perspektive Deutsches Kino".

Franka Potente
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Die Überraschung diesmal: Der mittellange schwarzweiße Film ist eine humorvolle, tiefe Verbeugung vor dem Stummfilm. Mit Kreisblenden und Zwischentiteln, starrer Kamera, exaltierten Gesten und weiß geschminkten Gesichtern greift er auf Stilmittel des guten alten Kintopps zurück und schlägt zugleich den Bogen von 1918 zur Jetzt-Zeit. "Stummfilme interessieren mich schon lange", verrät Potente im Presseheft, "vor Jahren hatte ich die verrückte Idee, dass ich gern mal Brad Pitt in einem Stummfilm sehen würde - einen modernen bekannten Schauspieler in einer ganz anderen Rolle und ohne Sprache". Es sei ihr nicht darum gegangen, "etwas tolles Altes zu kopieren, sondern eine Verbindung zur Moderne herzustellen".

Das Drehbuch zu der skurrilen Romantik-Posse mit dem seltsamen Titel hat Potente selbst geschrieben: Im Mittelpunkt steht Cecilie (Emilia Sparagna), die aus gutem, aber verarmtem Hause stammt. Mutter (Teresa Harder) und Vater (Justus von Dohnányi) drängen sie, den reichen Schnösel Alfred (Max Urlacher) zu heiraten. Doch Cecilie ist davon nicht begeistert. Am Tag vor der Hochzeit entdeckt sie beim Kuchenessen im Garten einen vergrabenen Stoffwulst, aus dem die Familie einen Punk (Christoph Bach) aus der Gegenwart auswickelt. Der sonderbare Typ sieht nicht nur attraktiv aus, sondern kann sogar sprechen.

Für die Umsetzung des Stoffes holte sich Potente professionelle Kräfte mit viel Erfahrung: So führt Tykwers Stammkameramann Frank Griebe die Kamera, als Produzent fungiert mit Stefan Arndt einer der führenden deutschen Vertreter des Metiers und die flott-fröhliche Musik im Stil alter Stummfilm-Melodien spielte das Filmorchester Babelsberg ein.

Lohn der Anstrengung ist eine amüsante filmische Romanze, die mit Elementen der Filmgeschichte spielt und mit charmanter Ironie das Medium Kino reflektiert. Die betont expressive Darstellungsweise der Schauspieler verleiht der augenzwinkernden Inszenierung zuweilen den Reiz der unfreiwilligen Komik. Eine filmästhetische Innovation hat Potente hier nicht vollbracht, eine eigenwillige Talentprobe aber allemal geschafft. Wer weiß: Womöglich ist der "Tollkirschen"-Film, der ab Juli in den deutschen Kinos zu sehen ist, ja als Testballon für einen späteren Wechsel ins Regiefach gedacht.

In der nächsten Zeit betätigt sich Potente aber erstmal wieder als Schauspielerin: Demnächst wird sie für einige Monate nach Australien reisen, wo sie neben Eric Bana ("München") für einen Film über eine serbische Einwandererfilm vor der Kamera stehen wird. Und 2007 wird sie unter der Regie von Steven Soderbergh in "Che", in einem Film über den lateinamerikanischen Guerilla-Führer Ernesto Che Guevara, mitspielen.

(afp)
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