Berlinale 2006 Bären-Aussicht für Jürgen Vogel

Berlin (rpo). Seine Rolle in "Der freie Wille" beschreibt Jürgen Vogel als eine der extremsten und intimsten, die er bisher gehabt habe. Kein Wunder, denn in dem Film von Matthias Glasner spielt er einen verzweifelten Vergewaltiger. Am Montag stellte der 37-Jährigen seinen jüngsten Film auf der Berlinale vor und konnte die internationale Presse beeindrucken.

 Jürgen Vogel

Jürgen Vogel

Foto: AP, AP

Vogel spielt den Triebtäter Theo, der nach Verbüßung einer neunjährigen Haftstrafe versucht, wieder Fuß im Leben zu fassen, sich in eine ebenfalls beziehungsgestörte junge Frau (Sabine Timoteo) verliebt, aber trotzdem scheitert. Vogel stellt den Kampf gegen den Trieb und seine grausame innere Zerrissenheit in dem fast dreistündigen Drama absolut überzeugend, eindringlich und authentisch dar. Nicht nur die Brutalität der Vergewaltigungsszenen ist erschütternd.

Er habe immer großes Interesse an Figuren gehabt, die mit Einsamkeit und Isolation zu tun haben, erklärte Vogel seine Faszination für die Person Theo. Die Figur habe in einigen Punkten auch mit ihm zu tun, auch wenn das wohl kaum einer für möglich halte, da er so in der Öffentlichkeit stehe. Es gehe bei Theo auch um die Probleme von Kommunikation, Berührung und Nähe zu Frauen. Man müsse sich einfach einmal Zeit nehmen, sich mit einer solchen Person zu befassen und Nähe zuzulassen, auch wenn das Qual bedeute. Ob es die Rolle seines Lebens gewesen sei, wisse er nicht. "Das müssen andere beurteilen."

Vogel, der zuletzt in "Keine Lieder über Liebe" als Rocksänger zu sehen war, sagte, er habe sehr lange an dem Projekt "Der freie Wille" gearbeitet. Regisseur Matthias Glasner und er hätten entschieden, keine vorgegebene Biografie für die Person Theo zu nehmen. "Ich kann nur versuchen, meine Biografie mit der Geschichte zu vermischen", sagte Vogel. Er habe herausfinden müssen, wie er seine Gefühle und Vorstellungen von Einsamkeit mit der Figur verbinden könne. Das habe eine tiefe Auseinandersetzung bedeutet, die er auch erst einmal habe zulassen müssen.

Ein Film über Individuen

Regisseur Glasner merkte an, es sei auch um die Frage gegangen, ob Liebe retten könne. Während Vogel die Frage mit "nein" beantwortet habe, habe seine Filmpartnerin Timoteo sie bejaht. Genau diese gegensätzlichen Einstellungen der beiden seien im Film nachzuvollziehen. Der Regisseur betonte, der Film solle nicht der Versuch sein, Vergewaltiger zu entschuldigen. Vielmehr gehe es darum zu zeigen, wie es sich anfühle, Vergewaltiger zu sein, was aushaltbar sei und was nicht. Dem Film solle anzumerken sein, dass es um Individuen gehe und nicht um Vergewaltiger.

(ap)
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