Das Düsseldorfer Keramik-Museum in Lockdown-Zeiten Naschen muss erlaubt sein

Gastbeitrag Was macht man in Lockdown-Zeiten in einem so zerbrechlichen Haus wie dem Hetjens-Museum? Das, was alle auch daheim machen: aufräumen, sortieren, renovieren. Und natürlich Pläne für die Zukunft schmieden, sagt Chefin Daniela Antonin im „Blick in die Zukunft“.

 Im Hetjens-Keramikmuseum ist nach der Wiedereröffnung eine Porzellanschau mit Stücken aus Schweizer Privatsammlungen zu sehen.

Im Hetjens-Keramikmuseum ist nach der Wiedereröffnung eine Porzellanschau mit Stücken aus Schweizer Privatsammlungen zu sehen.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Nur 24 Stunden nach der zweiten coronabedingten Schließung der Museen in Deutschland im letzten November hätte unsere Ausstellungseröffnung „Schweizer Schoki, Weißes Gold – Süßes und Zerbrechliches vom Zürichsee“ eröffnen sollen. Die kurzfristige Absage für den notwendigen Lockdown wurde von unseren Museumsfreundinnen und -freunden mit Betrübnis aufgenommen. Doch in allen Bereichen unseres Lebens ist unbedingt weiterhin Geduld notwendig – eine Tugend, die leider (noch) nicht zu meinen persönlichen Stärken gehört. Aber ich trainiere täglich!

Die angeordnete Schließung haben wir unverzüglich dazu genutzt, noch ausstehende Sortier-, Aufräum- und Renovierungsarbeiten durchzuführen. Ein Glücksfall für unser Museum sind die jetzt bewilligten Bundesfördergelder für digitale Bildung. Diese finanzielle Unterstützung ermöglicht es uns, auf dem Gebiet der digitalen Vermittlungsangebote aufzuholen, denn die umfangreiche Technik-, Wirtschafts-, Kunst- und Kulturgeschichte unserer fragilen Glanzstücke im Deutschen Keramikmuseum möchte ich nicht ausschließlich in Zahlen und Fakten präsentieren. Wir möchten die Kunst der Keramik unseren Besuchern facettenreich und spannend vor Augen zu führen. Die Lebensgeschichten der einstigen Besitzer-Persönlichkeiten unserer Porzellane – darunter Madame de Pompadour, Kurfürst August der Starke, König Friedrich der Große, Zarin Katharina die Große oder der chinesische Kaiser Kangxi – hatten bereits vor 300 Jahren Hollywood-Qualität, da ihre prunkvoll zelebrierten öffentlichen Auftritte bei Festlichkeiten den Stil ihrer Zeit maßgeblich prägten. Das Porzellan hatte beim prächtig eingedeckten höfischen Bankett selbstverständlich einen prominenten Platz.

Hinter den Kulissen bereiten wir unterdessen zwei Attraktionen vor: Zum einen wünschen wir uns den baldigen Umzug unseres Töpferateliers in die Citadellstraße, um endlich flexiblere Kurstermine, die unabhängig von den Museums-Öffnungszeiten sind, anbieten zu können. Damit wäre auch in der Carlstadt die Kunst und Kultur Düsseldorfs wieder stärker sichtbar und erlebbar. Zum anderen wünschen wir uns die Einrichtung eines Café-­Bistros. Denn in einem Keramikmuseum muss doch genascht werden können!

Die Geschichte der Tafelkultur gehört ohnehin auch zu den appetitlichsten Themen im Hetjens. Bestimmt hätte sich ebenfalls Museumsgründer Laurenz Heinrich Hetjens (1830–1906) über ein köstliches Angebot vor Ort gefreut: Seine Sammlung prächtiger Steinzeugkrüge der Renaissance-Zeit belegt letztlich doch auch sein großes Interesse an der Düsseldorfer Altbier-Tradition.

Persönlich hege ich seit Längerem den Wunsch, ein Café ins Museum zu integrieren, in dem man bei schönem Wetter in der Mittagspause oder nach Dienstschluss im Kastanienhof mit Paris-Flair verweilen könnte. Café wie Töpferatelier nach eingehender Prüfung durch die Politik noch 2021 eröffnen zu dürfen, wäre für mich quasi das Sahnehäubchen zum 111. Museums-Geburtstag.

Wir vermissen unsere Besucherinnen und Besucher! Das Gebäude fühlt sich für mich ohne Gäste kühl und verlassen an. Auch deshalb war es uns ein Anliegen, den romantischen Kastanienhof, unseren Glaseingang sowie die Fenster des Palais Nesselrode für die dunkle Jahreszeit reizvoll zu dekorieren. Für die Gestaltung der Fenster hatte mein Stellvertreter Wilko Beckmann gleich einige glänzende Ideen parat: Jetzt ist es schön zu beobachten, wenn Spaziergänger auf der Schulstraße vor den großen Porzellan-Tieren in den Fenstern überrascht stehenbleiben und staunen. Diese fantasievoll gestalteten Geschöpfe des frühen Expressionismus sind fast genau vor 100 Jahren für die Einrichtung des repräsentativen Leipziger Porzellanpalais ausgeführt worden, weshalb sie – je nach Modell – Liebhaberpreise erzielen. Welch wunderbare Fügung, dass sie dieser Tage das Hetjens als „Rheinisches Porzellanpalais“ erstrahlen lassen! In der nächsten Woche wird mein Kollege im Glaseingang einen bunt dekorierten Karnevalstisch inszenieren. Ein bisschen Farbe wird uns allen in dieser grauen Jahreszeit sicher guttun.

Inzwischen sind glücklicherweise die Zustimmungen der beiden Privatsammlungen vom Zürichsee eingetroffen, um die Türen zur wohl bundesweit allerersten Schweizer Porzellanschau auch nach einem längeren Lockdown noch geöffnet halten zu können.

Ich freue mich auf unser Wiedersehen!

Info Daniela Antonin ist Direktorin des Hetjens-Museums.

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