Kolumne „Total Digital“ Das Ende einer Hassmaschine

Bäm! Der Schuss hatte gesessen. Am Freitag ließ Unilever verkünden, bis Ende des Jahres nicht mehr auf Facebook werben zu wollen. Der Konsumgüterriese, der Marken wie Knorr, Langnese oder Dove vertreibt, fürchte um seinen Ruf, heißt es. Zuvor hatten auch Konzerne wie Coca-Cola oder Honda ihre Werbebudgets von Facebook abgezogen.

  Mark Zuckerberg ist Gründer und Vorstandsvorsitzender von Facebook.

Mark Zuckerberg ist Gründer und Vorstandsvorsitzender von Facebook.

Foto: dpa/Mark Lennihan

Hintergrund ist die Weigerung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg, provokante und gewaltverherrlichende Wahlwerbung von seiner Plattform zu verbannen. Jüngst hatte der offizielle Trump-Account zum Kampf gegen die Antifa aufgerufen unter Verwendung eines KZ-Symbols.

Der Facebook-Gründer und Trump sind Machtmenschen und nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. Mark Zuckerberg hat in einer Rede behauptet, er habe Facebook gegründet, um politische Diskussion während des Irak-Kriegs zu fördern. Die Wahrheit: Facemash, wie das Netzwerk damals hieß, verfolgte ursprünglich nur einen Zweck: Zucks Freunde darüber abstimmen zu lassen, wie „hot“ welche Kommilitonin gerade war.

Macht und Geldgier drohen, Facebook von innen zu zerfressen. Genau wie der Hass und die Falschnachrichten, die von den Algorithmen bevorzugt verbreitet werden, unsere Demokratien aushöhlen.

Mark Zuckerberg sagte kurz nach der Presseerklärung von Unilever: „Ich stehe gegen Hass und alles, was zu Gewalt anstachelt.“ Glauben tut ihm das niemand, bedurfte es doch erst eines weltweiten Boykotts, um dem CEO Anstand einzuprügeln.

An der Börse musste Facebook zudem kräftig Federn lassen. Auch ohne Facemash waren sich die Anleger offenbar einig: Das Netzwerk gilt auf einmal alles andere als „hot“. Beruhigend. Manchmal kommt es im Leben doch auf die inneren Werte an.

Richard Gutjahr ist Moderator und Blogger. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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