Gewerkschaft in Sorge Streit bei Thyssenkrupp über Stahl-Investitionen

Essen · Am Donnerstag tagt der Aufsichtsrat des angeschlagenen Konzerns. Die IG Metall pocht auf Einhaltung der Zusagen für die Stahlwerke, sonst will sie den Jobabbau nicht mittragen. Doch Investoren äußern Zweifel.

 Hochöfen von Thyssenkrupp.

Hochöfen von Thyssenkrupp.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Thyssenkrupp ringt um seine Zukunft. Am Donnerstag will sich der Aufsichtsrat über den Stand bei der Sanierung und mögliche Verkäufen informieren lassen. Doch Ärger ist programmiert. Denn große Investoren machen offenbar Fragezeichen an die Stahlstrategie, nach der Thyssenkrupp binnen sechs Jahren 800 Millionen Euro in seine Werke investieren will. Frei nach dem Motto: Was sollen wir jetzt noch viel investieren, wenn der Stahl ohnehin verkauft oder fusioniert wird? Sowohl Cevian als auch die Krupp-Stiftung würden mittelfristig gerne wieder eine Dividende sehen.

Die Kostenpflichtiger Inhalt IG Metall schlägt Alarm. „Im März wurde der Tarifvertrag ,Zukunftspakt Stahl 20-30’ für die Stahlsparte von Thyssenkrupp abgeschlossen. Darin sind notwendige Investitionen für die Zukunft festgeschrieben. Jetzt muss der Vorstand seinen Part erfüllen und die vereinbarten Investitionen freigeben“, sagte Knut Giesler, Bezirksleiter der Gewerkschaft. „Sonst steht das ganze Paket auf der Kippe, auch was die Restrukturierungen im Stahlbereich betrifft.“ Das heißt: Wenn die Investitionen nicht fließen, macht die IG Metall auch beim Jobabbau nicht mit. Geplant ist der Abbau von 3000 Stellen im Stahlbereich bis zum Jahr 2026. Der Abbau wird sozialverträglich erfolgen, bis März 2026 sind Kündigungen ausgeschlossen. Die im März zugesagten Investitionen sollen etwa die Herstellung hochwertiger Elektro- und klimaneutraler Stähle stärken.

Konzern-Chefin Martina Merz hatte im Mai erklärt, man halte sich alle Optionen offen: Fortführung des Geschäfts (Stand alone), Kooperationen, Fusionen. Stahl-Vorstand Klaus Keysberg hatte im August betont: „Der Optionenraum ist weiter offen. Gleichzeitig setzen wir die Stahlstrategie 2030 konsequent um, da investieren wir auch weiter.“ Doch womöglich schnürt man das auf Druck eines Großaktionärs nun auf. Der Konzern wollte sich zu Inhalten der Aufsichtsratssitzung nicht äußern.

Der Aufsichtsrat will auch wissen, was die Fusionsgespräche ergeben haben. Hier ist laut Konzernkreisen alles in der Schwebe. Thyssenkrupp führt Gespräche mit dem chinesischen Konkurrenten Baowux, der schwedischen SSAB und der indischen Tata, heißt es. Die Fusion mit Tata war am Veto der EU-Kommission gescheitert. Das aber war vor der Corona-Krise. Nun werden überall die Karten neu gemischt. Thyssenkrupp will vorfühlen, wie es bei einem neuen Anlauf aussehen könnte.

Die IG Metall wirbt dagegen für eine nationale Lösung, eine Deutsche Stahl AG. Damit könnte auch der Umbau der Branche auf eine klimafreundliche Stahlherstellung staatlich leichter unterstützt werden. Doch eine solche Lösung scheitert bislang am Chef von Salzgitter, Heinz Jörg Fuhrmann, der mit Thyssenkrupp nichts zu tun haben will.

Die Corona-Krise setzt dem ohnehin angeschlagenen Traditionskonzern hart zu. Aktuell sind konzernweit noch 23.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Im Sommer waren es noch 30.000. In zwei Wochen endet das Geschäftsjahr. In den ersten neun Monaten war ein Verlust von 1,1 Milliarden Euro aufgelaufen.

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