Test der Verbraucherzentrale Sechs Millionen Kundendaten gekauft

Berlin/Viersen (RPO). Der Missbrauch von Kundendaten ist in Deutschland offenbar verbreiteter als bislang angenommen. Als Beleg hat die Verbraucherzentrale in einem Scheingeschäft persönliche Daten von sechs Millionen Bundesbürgern gekauft.

Der Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Gerd Billen, sprach am Montag in Berlin von einem "illegalen Datenhandel in ungeheurem Ausmaß". Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, forderte vor dem Hintergrund schärfere Gesetze gegen Datenmissbrauch und eine bessere Verfolgung der Straftaten.

Anfang vergangener Woche war bekanntgeworden, dass der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein eine CD mit den Datensätzen von 17 000 Bundesbürgern anonym zugespielt worden war. Neben Namen, Geburtsdaten, Telefonnummern und Adressen sollen darunter auch komplette Bankdaten gewesen sein. Nach Angaben der Verbraucherschützer soll eine Firma aus Viersen die Daten an andere Unternehmen weiterverkauft haben. Mit Hilfe der Informationen sollen Callcenter Kontakt zu den Kunden aufgenommen und anschließend unerlaubte Abbuchungen von deren Konten vorgenommen haben.

Nach dem Auftauchen der CD hätten Anrufer die Telefonleitungen des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) förmlich lahmgelegt, berichteten die Datenschützer. Viele der Anrufer hätten "teilweise erschreckende Geschichten" über unberechtigte Abbuchungen von ihren Konten erzählt. Vor allem ältere Menschen seien davon betroffen gewesen.

Am Freitag habe die Verbraucherzentrale eine weitere CD mit den Daten einer Million Kunden zur Verfügung gestellt, berichteten die Datenschützer weiter. Auch darauf seien neben E-Mail-Adressen Kontoangaben und weitere Verbraucherangaben verzeichnet gewesen. Einzelne Daten bezögen sich speziell auf ältere Menschen. Auch eine weitere CD, die am Montag zugänglich gemacht worden sei, verfüge über 130 000 Datensätze, darunter 70 000 Kontodaten, die von der Nordwestdeutschen und der Süddeutschen Klassenlotterie stammten, erklärte das ULD.

Billen sagte, die Verbraucherzentrale habe ihre insgesamt sechs Millionen neuen Daten innerhalb von zwei Tagen für 850 Euro erworben. Viele der Daten stammten dabei von den Lotterien, aber auch aus Handyverträgen und von karitativen Spendensammlern.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sprach sich vor dem Hintergrund erneut für den Einsatz von Datenfahndern aus, die ähnlich wie Steuerfahnder in Betrieben eingesetzt werden sollten. Nötig sei auch eine Pflicht zur Protokollierung und Dokumentation der Datenherkunft und Datenweitergabe. Dies würde vorbeugend helfen, sagte der stellvertretende BDK-Vorsitzende Bernd Carstensen.

Ähnlich äußerte sich Schaar, der eine Kennzeichnungspflicht über die Herkunft von Daten forderte. Nur so könnten Verbraucher erkennen, woher ihre ursprünglich von ihnen selbst preisgegebenen Informationen stammten. Zugleich sprach sich der Datenschutzbeauftragte für eine aktive Einwilligungsregelung der Verbraucher aus. So sollten Daten nur für Werbezwecke verwendet werden, wenn der Betroffene ausdrücklich eingewilligt habe. Eine unzulässige Nutzung der Daten für Werbezwecke solle bestraft werden.

(afp)
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