Joe Kaeser zum Konzernchef ernannt Ein altes Siemens-Gewächs übernimmt

München · Dass Joe Kaeser die Nachfolge von Peter Löscher antreten soll, wurde bereits vor ein paar Tagen bekannt. Am heutigen Dienstag wurde er nun offiziell zum Siemens-Chef ernannt. Damit setzt der Konzern wieder auf eine interne Lösung. Nur Löscher kam einst von außen. Und der Neue an der Spitze erhält schon jetzt viele Vorschusslorbeeren. Ein Porträt.

Das ist Peter Löscher
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Foto: AFP

Als Peter Löscher sich nach seinem erzwungenen Abschied in einer persönlichen Erklärung bei seinen Unterstützern bedankte, hatte er zumindest ein paar Worte für seinen Nachfolger übrig. Ihm wünsche er im Amt Erfolg und Glück, schrieb der bisherige Siemens-Chef, ohne den Namen Kaesers zu nennen. Dessen Ernennung war eigentlich schon seit einigen Tagen klar, doch dann erfolgte ein interner Machtkampf, weil Löscher nicht aufgeben wollte. Doch am Ende musste er klein beigeben, und Kaeser übernimmt.

Mit der Ernennung Kaesers folgt der Konzern damit wieder einer alten Strategie: Nur lang gediente Siemensianer wurden bislang Chefs. Löscher war die einzige Ausnahme — weil ein auch nach außen hin spürbarer Wechsel nach dem Korruptionsskandal von 2006 her musste. Doch auch jetzt hat Siemens mit jeder Menge Probleme zu kämpfen — von der Konjunkturflaute über Projektpannen bis hin zu Gewinnwarnungen. An Kaeser liegt es nun, das Unternehmen wieder in ruhigere Fahrwasser zu bringen. Erfahrungen innerhalb des Konzerns bringt der Niederbayer auf jeden Fall mit.

Seit 1980 im Unternehmen

Denn Kaeser hat sein gesamtes Berufsleben bei Siemens verbracht. Nach seinem BWL-Studium begann er 1980 im Unternehmensbereich Bauelemente. Es folgten weitere Stationen im Unternehmen, bis er Leiter der Konzernstrategie unter dem früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer wurde. Und in dieser Zeit überstand er als einziger Manager aus der Führungsriege die Korruptionsaffäre von 2006, wurde im selben Jahr unter dem neuen Chef Klaus Kleinfeld Finanzvorstand — und blieb es bis heute.

Sein Ruf ist der eines hervorragenden Kenners des weitverzweigten Konzerns, der selbst die abseitigsten Zahlen im Kopf hat. Er gilt als ein analytischer Denker und Stratege mit einem völlig anderen Kommunikationsstil als sein Vorgänger. Weit klarer als Löscher benannte er immer wieder die Lage des Unternehmens und ließ dabei auch Zweifel an Löschers Vorgaben durchschimmern.

Auch an den Kapitalmärkten genießt der 56-Jährige hohes Ansehen. Gerade das war ihm bei den Nachfolgespekulationen in den vergangenen Wochen als einer der größten Pluspunkte angerechnet worden. Entsprechend erhielt er von Beschäftigten und Finanzmärkten Vorschusslorbeeren. Auch die sonst so kritische Aktionärsschützerin Daniela Bergdolt hat keine Bedenken gegen die Berufung. "Er kann es jetzt schaffen, dem Unternehmen Visionen zu geben, er hat den Zahlenbackround, aber er hat auch die Vernetzung innerhalb des Unternehmens", fasst sie im Deutschlandradio zusammen.

Aus Josef Käser wurde Joe Kaeser

Geboren ist Kaeser 1957 in Arnbruck im Bayerischen Wald. Dort lebt er bis heute, und die Menschen in Arnbruck loben ihn für seine Bodenständigkeit. Aber es gibt auch die andere, die weltläufige Seite: Seit einem Aufenthalt in den USA nennt sich der gebürtige Josef Käser Joe Kaeser. Damit wollte er internationaler klingen — eine Namensänderung, die Ehrgeiz verrät.

Ehrgeiz, das ist es auch, was er jetzt gebrauchen kann, wenn er das Ruder bei Siemens übernimmt. Er selbst sagte im April im Interview mit unserer Redaktion: "Gutes Management zeichnet sich nicht dadurch aus, dass es viele Stellen streicht, sondern dass es neue Geschäfte entwickelt. Und es zeichnet sich dadurch aus, dass es Strukturänderungen rechtzeitig erkennt und zügig, konsequent und verantwortungsvoll handelt."

Dass er all das beherrscht kann, wird er nun beweisen müssen. Denn von nun an ist er nicht mehr der Mann hinter den Zahlen, sondern das Gesicht des Konzerns. Und an seinen Entscheidungen und Taten wird er gemessen werden — so wie sein Vorgänger Löscher, der einst für seine Arbeit nach dem Korruptionsskandal gelobt und nun für die Probleme bei Siemens geschasst wurde.

mit Agenturmaterial

(dpa/afp/rtr)
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