Finanzvorstand wechselt an die Spitze Kaeser löst Löscher als Siemens-Chef ab

München · Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser löst den bisherigen Vorstandschef Peter Löscher an der Konzernspitze ab. Der Aufsichtsrat habe die Ernennung Kaesers mit Wirkung zum 1. August einstimmig beschlossen, teilte das Unternehmen am Mittwoch in München mit.

Das ist Peter Löscher
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Foto: AFP

Löscher werde mit Ablauf des Tages sein Amt niederlegen und in gegenseitigem Einvernehmen aus dem Vorstand ausscheiden. Damit ist der Führungswechsel bei Deutschlands größtem Elektrokonzern besiegelt. Die Ernennung eines neuen Finanzvorstands werde zeitnah erfolgen, erklärte das Unternehmen.

Löscher hat sich in einer persönlichen Erklärung bei seinen Unterstützern bedankt. Er schließe darin neben der Familie Siemens die Mitglieder des Aufsichtsrats ein, die ihn nicht nur seit Amtsantritt, "sondern gerade auch in den vergangenen Monaten ausdrücklich unterstützt haben und sich in mehreren Gesprächen mit mir meinen Verbleib an der Spitze des Unternehmens gewünscht haben", schrieb der Manager. Er sei aber zu dem Schluss gekommen, dass eine vertrauensvolle Basis für seine Arbeit "nicht mehr gegeben sei."

Ein Unternehmen brauche aber ein Höchstmaß an Geschlossenheit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. "Die Interessen Einzelner, auch meine eigenen, haben hinter dem Wohlergehen des Unternehmens zurückzustehen", schrieb Löscher. Es wäre fatal, sollte das fehlende Vertrauensverhältnis in der Führung den "eingeschlagenen erfolgreichen Kurs" von Siemens infrage stellen. Seinem Nachfolger wünsche er im Amt Erfolg und Glück, ohne allerdings dem Namen von Joe Kaeser zu nennen.

Löscher war über eine Serie von Rückschlägen und zuletzt über die zweite Gewinnwarnung innerhalb von nicht einmal drei Monaten gestürzt. Seine Ablösung galt in den vergangenen Tagen bereits als sicher, nachdem sich der Aufsichtsrat bei Marathon-Beratungen am vergangenen Wochenende mehrheitlich auf die Personalien verständigt hatte.

Arbeitnehmer-Vertreter fordern Ende der Personalunruhen

Nach der Berufung von Joe Kaeser zum neuen Siemens-Chef fordern Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat ein Ende der Personalquerelen bei dem Elektrokonzern. "Es geht nicht um Einzelpersonen und Interessen, sondern um das Wohl des Konzerns und seiner Mitarbeiter und eine langfristige und kreative Unternehmensperspektive", sagte Jürgen Kerner, der für die IG Metall im Siemens-Aufsichtsrat sitzt, der Nachrichtenagentur dpa in München.

Kerner betonte, Siemens sei "alles andere als ein Sanierungsfall. Die beiden zurückliegenden Jahre brachten den höchsten Gewinn der Unternehmensgeschichte." Trotzdem sei Siemens ins Ungleichgewicht geraten, "und der Hauptgrund dafür ist die Ausrichtung des Konzerns an einem abstrakten und überzogenen Renditeziel." Dadurch habe man den Konzern und seine Mitarbeiter dem noch stärkeren Druck der Finanzmärkte ausgesetzt. "Dieser Schuss ist nach hinten losgegangen", beklagte Kerner.

Quartalszahlen zeigen Gewinneinbruch

Kaeser muss am Tag vor seinem Amtsantritt einen Gewinneinbruch vermelden. Im abgelaufenen Quartal sei der Gewinn aus dem fortgeführten Geschäft binnen Jahresfrist um 13 Prozent auf eine Milliarde Euro geschrumpft, teilte Siemens am Mittwoch mit. Der Umsatz ging demnach um zwei Prozent auf knapp 19,3 Milliarden Euro zurück. Die Zahlen lagen im wesentlichen im Rahmen der Analystenerwartungen.

Besonders die Zugsparte schnitt schlecht ab. Die technischen Probleme in dem Geschäft sowie der Sanierungskurs des scheidenden Konzernchefs Peter Löscher den Infrastruktursektor in die roten Zahlen gedrückt, hieß es. Dort stand ein Fehlbetrag von 15 Millionen Euro zu Buche. Zugleich sorgte das Zuggeschäft mit einem drei Milliarden Euro schweren Auftrag aus England allerdings dafür, dass der Auftragseingang des Konzerns um ein Fünftel auf 21,1 Milliarden Euro kletterte.

Unter dem Strich verdiente Siemens durch die Trennung von Osram und seiner Anteile am Netzwerkbauer NSN mit 1,1 Milliarden Euro fast die Hälfte mehr als im Vergleichszeitraum. Den im Frühjahr gesenkten Ausblick für das Gesamtjahr hielt Siemens aufrecht. Aus dem fortgeführten Geschäft wollen die Münchner einen Gewinn von vier Milliarden Euro erwirtschaften.

(dpa/REU)
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