Streit um IWF-Posten Der Kampf der Kontinente

Berlin (RP). Nach dem Rücktritt von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn streiten Europäer und Amerikaner mit den aufstrebenden Schwellenländern über die Vorherrschaft in der weltmächtigsten Finanz-Institution.

Sie waren als IWF-Chefs im Gespräch
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Foto: AFP

Christine Lagarde steht kurz vor dem Ziel. Dadurch wird es freilich noch unwahrscheinlicher als ohnehin, dass sie ihre Ambitionen öffentlich preisgibt. Angesprochen auf ihre Karriereabsichten lächelt Lagarde nur vielseitig und ruft: "Vive l'Europe!" (Es lebe Europa)

Tatsächlich bereitet die 55-jährige französische Finanzministerin ihren Sprung nach ganz oben vor: Sie ist die Favoritin der Europäer für die Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn an der Spitze der mächtigsten Finanz-Institution der Welt.

Wären da nicht Brasilien, Indien oder China. Die aufstrebenden Schwellenländer beanspruchen den einflussreichen Job für einen der Ihren. Die bisherige Tradition, wonach ein Europäer den IWF führt und im Gegenzug die Amerikaner den Chefposten der Weltbank besetzen, sei überholt, schrieb Brasiliens Finanzminister Guido Mantega in einem Brief an seine Amtskollegen in den 20 wichtigsten Schwellen- und Industrieländern (G 20). "Die Zeit ist längst vorbei, in der es auch nur entfernt hätte angemessen sein können, diesen wichtigen Posten für einen Europäer zu reservieren", so Mantega.

Auch China hat den Anspruch der Schwellenländer auf die IWF-Position unterstrichen. "Im Prinzip glauben wir, dass Schwellen- und Entwicklungsländer in Spitzenpositionen vertreten sein sollen", sagte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums am Donnerstag in Peking. China ist nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde. Längst haben die Schwellen- und Entwicklungsländer zusammen mehr Stimmrechte im IWF als die USA oder die Europäer.

Hilfe bei der Krisenbewältigung

Für die Europäer ist der einflussreiche Posten jedoch gerade jetzt von immenser Bedeutung: Dem IWF kommt bei der Bewältigung der europäischen Schuldenkrise eine zentrale Bedeutung zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach dem Ausbruch der Griechenland-Krise durchgesetzt, den IWF in Europa mit ins Boot zu holen.

Heute sind die Europäer froh darüber: Ohne die Milliarden aus Washington wären sie mit der Krisenbewältigung wohl überfordert. Allein Griechenlands Rettung, so zeichnet sich heute ab, dürfte die EU-Staaten am Ende einen dreistelligen Milliardenbetrag kosten, auf Deutschland könnten nach Schätzungen 30 bis 60 Milliarden Euro zukommen.

Kein Wunder also, dass die Europäer ihren Anspruch am Donnerstag ungewöhnlich deutlich formulierten. Wie Merkel betonten EU-Kommissionsschef José Manuel Barroso und Lagarde selbst, der nächste IWF-Chef müsse wieder aus Europa kommen. Die Europäer zahlten schließlich zusammen am meisten ein in die IWF-Kasse, so Barroso.

Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, plädiert für einen Deutschen an der Spitze des IWF. "Dafür sollte sich auch die Bundesregierung stark machen", sagte er gegenüber unserer Redaktion. "Für die Stabilität der Eurozone leistet Deutschland einen ganz entscheidenden Beitrag. Dann muss Deutschland international auch angemessen repräsentiert sein und den entsprechenden Einfluss haben." Angesichts der herausragenden Rolle des Internationalen Währungsfonds bei der Bewältigung der Eurozonen-Krise sei das mit einem Deutschen an der Spitze möglich.

In FDP Sympathien für Axel Weber

Im Ringen mit den Schwellenländern um den einflussreichen Posten sicherten sich die Europäer offenbar bereits die Unterstützung der USA, ohne die beim IWF wegen ihrer Sperrminorität nichts entschieden werden kann.

Lagarde hat jedoch das Problem, dass sich mit ihr derzeit noch die französische Justiz beschäftigt. Dies kann ihr den Weg nach Washington noch versperren. Es geht um undurchsichtige Vorgänge rund um den Verkauf von Anteilen des Sportartikelherstellers Adidas durch den französischen Skandal-Unternehmer Bernard Tapie.

Lagarde soll 2008 dafür gesorgt haben, dass Tapie, ein Freund des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, eine Entschädigungszahlung in Höhe von 285 Millionen Euro erhielt. Die sozialistische Opposition war not amused.Sollte Lagarde dennoch das Rennen machen, hätte Deutschland erneut bei einem wichtigen internationalen Posten das Nachsehen.

In der FDP-Fraktion wurden Sympathien für den ehemaligen Bundesbankpräsidenten Axel Weber laut, der aber keine Chancen haben dürfte, da er Merkel mit seinem überraschenden Rückzug im Februar brüskiert hatte. Besser könnten die Aussichten von Jürgen Stark sein, dem noch bis 2014 amtierenden Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB). Er könnte in der EZB durch Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen ersetzt werden.

(RP)
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