Lebensmittel-Start-ups Müsli aus dem Internet

Düsseldorf · Lebensmittel-Start-ups liegen im Trend. Als MyMuesli begann, war das noch ganz anders.

 Eine Kundin sucht Müsli in einer MyMuesli-Filiale in Bamberg aus.

Eine Kundin sucht Müsli in einer MyMuesli-Filiale in Bamberg aus.

Foto: dpa/David Ebener

Vielleicht würde es das Unternehmen MyMuesli heute gar nicht geben, wenn Konkurrent Seitenbacher bessere Werbung machen würde. Die Spots, von Seitenbacher-Firmenchef Willi Pfannenschwanz selbst eingesprochen, kennt im Grunde jeder, der hin und wieder Radio hört. Denn dort laufen sie rauf und runter. Auch damals schon, im Jahr 2005, als die Studenten Hubertus Bessau, Max Wittrock und Philipp Kraiss auf dem Weg zu einem Badesee in Passau waren und sich dachten: Kann man das nicht besser machen?

Wenn Max Wittrock am Freitag die Bühne bei der Start-up-Konferenz Ruhr-Summit in Bochum betritt, dann wird er erzählen, wieso die Antwort „Ja“ lautete – und wie aus drei Studenten aus Passau ein Gründerteam wurde, das mit MyMuesli eines der erfolgreichsten deutschen Start-ups im Lebensmittelbereich aufgebaut hat.

Denn aus der Idee wurde 2007 zunächst ein Online-Shop, dann kamen erste eigene Läden hinzu, und heute bekommt man die Mischungen mit Namen wie „Prinzessinnen-Müsli“, „Schlanker-Leben-Müsli“ oder „I-Love-You-Müsli“ auch in Supermärkten wie Rewe und Edeka. Der Umsatz stieg von Null auf knapp 51 Millionen Euro im Jahr 2016. Aktuellere Zahlen sind im Bundesanzeiger bislang nicht verfügbar. Auch das Unternehmen möchte diese nicht kommunizieren. Doch sollte sich das Wachstum der vergangenen Jahre weiter fortsetzen, dürfte man schon bald bei 60 oder gar 70 Millionen Euro liegen.

In Sendungen wie „Die Höhle der Löwen“ präsentieren Gründer inzwischen wöchentlich neue Produktideen aus dem Lebensmittelbereich, vom Pizzaboden aus Leinsamen bis zum in Tütchen abgepackten Knoblauch-Öl ist alles dabei. Und was abends im Fernsehen bei Vox zu sehen ist, steht am nächsten Tag in den Regalen von Supermärkten und Discountern. Überall in Deutschland, so scheint es, werden momentan praktisch im Wochenrhythmus neue Ernährungsideen geboren – und direkt in Produkte und Unternehmensgründungen übertragen. Wo früher die Entwicklungsabteilungen von Lebensmittelkonzernen Millionen in Marktforschung und Produktentwicklung investierten, tüfteln nun zahlreiche Gründer an nachhhalitgen Limonaden und Fertigessen. Die Pionierarbeit für diese Entwicklung wurde auch in Passau geleistet.

Fragt man Wittrock, ob sich das Gründerteam damals auch bei „Die Höhle der Löwen“ beworben hätte, zögert dieser mit der Antwort. Grundsätzlich sei es super, dass solche Sendungen Gründen jetzt so populär machen. Aber ob man selber dorthin gegangen wäre? Schwer zu sagen. Vielleicht. Immerhin habe man sich bei vielen Wettbewerben beworben, sei auf vielen Messen gewesen. „Man muss viel ausprobieren, um Erfolg zu haben“, sagt Wittrock.

Denn das die Idee vom individuell zusammenstellbaren Müsli im Online-Shop ein Erfolg werden würde, war zunächst gar nicht abzusehen. Im Gegenteil: Als die Drei eine Umfrage starteten, ob man Müsli im Internet kaufen würde, sagten genau null Prozent der Befragten ja.

Aber Wittrock, Kraiss und Bessau glaubten an ihre Idee, investierten 3500 Euro, programmierten eine Internetseite, machten ein bisschen Werbung und mixten die ersten Müsli-Mischungen zusammen. Nach zwei Wochen waren sie das erste Mal ausverkauft – daran hatte nicht mal Wittrocks Mutter damals geglaubt.

„Der frühe Zeitpunkt unserer Gründung war für ein Food-Startup Vor- und Nachteil zugleich“, sagt Wittrock heute rückblickend: „Damals gab es noch nicht so viele Start-ups in dem Bereich, daher sind wir mehr aufgefallen.“ Umgekehrt sei heutzutage zwar die Konkurrenz größer, dafür gebe es viel mehr Wege und Kanäle, um auf sich aufmerksam zu machen.

Auch MyMuesli ist mit der Zeit gegangenen, nicht nur beim Online-Marketing. Inzwischen übernimmt eine vollautomatische Müsli-Mix-Maschine auch einen Großteil der Arbeit, per Handarbeit wäre die Vielzahl von Bestellungen kaum noch zu bewältigen – und zu bezahlen wohl auch nicht, selbst wenn die Müsli-Mischungen aus Passau etwas teurer sind als Konkurrenzprodukte. Und obwohl es inzwischen in mehrere Städten wie Düsseldorf oder Dortmund sogar klassische stationäre MyMuesli-Geschäfte gibt, ist das Internet noch immer der stärkste Verkaufskanal des Unternehmens.

Um das weitere Wachstum voranzutreiben, soll in Passau demnächst ein neues Müsli-Hauptquartier entstehen, ein Grundstück ist hier bereits gefunden, Details stehen laut Wittrock aber noch nicht fest. In Berlin ist das Unternehmen zwar auch mit einem Büro vertreten, aber die Stadt zu verlassen, wo alles anfing, kam für die Drei dann doch nicht infrage: „Den perfekten Start-up-Standort gibt es nicht“, sagt Max Wittrock: „Man sollte dort gründen, wo man sich wohlfühlt.“

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