Köln Tüv-Rheinland-Chef geht überraschend zum Monatsende

Köln · Manfred Bayerlein verlässt den Konzern schon Monate vor Vertragende. Sein Nachfolger Fietz ist offenbar nur eine Interimslösung.

Bei der Beurteilung der Frage, ob Manager ihren Stuhl in einem Unternehmen vollkommen freiwillig räumen, ist die deutsche Zeugnissprache hilfreich: "Im besten, gegenseitigen Einvernehmen" verlässt der bisherige Vorstandsvorsitzende Manfred Bayerlein zum Ende des Monats den Tüv Rheinland und wird durch den langjährigen Finanzvorstand Ulrich Fietz abgelöst. Der Tüv nennt keine Gründe für den Vorstandswechsel, aber aus der Formulierung lässt sich schließen, dass der Aufsichtsrat Bayerlein bei dessen Abschied zum Monatsende nicht gerade Steine in den Weg legt.

Was der Tüv dagegen zurückweist, ist die These, dass es einen Zusammenhang zwischen dem 2010 aufgedeckten Skandal um Brustimplantate aus Frankreich und dem Ausscheiden Bayerleins gibt. In der Tat rückte der Manager erst mehr als ein Jahr nach dem Bekanntwerden dieses Skandals an die Spitze des Vereins. Der hat zudem bis auf einen Prozess in Frankreich bislang alle Gerichtsverhandlungen für sich entschieden. In Aix-en-Provence soll es im Dezember noch jene Berufungsverhandlung geben, in der der Tüv Rheinland eine Schadenersatzzahlung von 5,7 Millionen Euro endgültig abwehren will. Dazu hatte ein Handelsgericht in Toulon den deutschen Prüfkonzern verurteilt, weil der bei der Überprüfung von Implantaten des französischen Herstellers Pip nicht genau genug hingeschaut habe. Der Tüv selber sieht sich dagegen selbst als Opfer.

Mit der Aussage, Bayerleins Abgang habe nichts mit dem Implantate-Skandal zu tun, lösen die Kölner indes natürlich weitere Fragen aus. Denn der Vertrag des Noch-Chefs wäre noch bis August gelaufen, und nun verlässt Bayerlein schon fast ein halbes Jahr früher den Konzern, gemeinsam mit Technikvorstand Volker Klosowski, der "auf eigenen Wunsch und im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat" ebenfalls zum Monatsende geht. Spekuliert wird darüber, dass Bayerlein mit Tüv-Rheinland-Aufsichtsratschef Bruno Braun über die künftige Ausrichtung des Prüfkonzerns in Streit geraten sei. Dafür gibt es aber keine Bestätigung.

Bayerleins Nachfolger Fietz jedenfalls, der in der vergangenen Woche seinen 63. Geburtstag feierte, dürfte nur ein Chef auf Zeit sein, unter dessen Führung der Konzern in aller Ruhe nach einer dauerhaften Lösung für die Besetzung des Chefpostens suchen kann. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Finanzmanager anders als Bayerlein nicht Vorstandsvorsitzender ist, sondern zum Vorstandssprecher bestellt wurde, der diesen Job sozusagen neben seiner Aufgabe als Finanzvorstand wahrnimmt.

Der Aufsichtsrat hat gestern auch das Tüv-Jahresergebnis verabschiedet. Die Prüforganisation setzte im vergangenen Jahr etwa 1,6 Milliarden Euro um und erzielte einen Vorsteuergewinn von mehr als 117 Millionen Euro.

(RP)
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