Fluggesellschaft Die Lufthansa lebt bereits von der Substanz

Düsseldorf · Vor Gericht hat die Lufthansa über die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit gesiegt. Der Streik der Piloten war rechtswidrig. Aber wie geht es dem Unternehmen eigentlich. Ein Blick auf die Zahlen.

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Foto: dpa, cas cul olg kde

Die dramatische Lage der Lufthansa in zwei Zahlen: Im jüngsten Geschäftsjahr hat die Fluggesellschaft unter dem Strich 55 Millionen Euro verdient. Die neuen Flugzeuge, die sie bestellt hat, kosten bis 2025 über 32 Milliarden Euro. So geht es also nicht weiter.

Auf die neuen Flugzeuge zu verzichten, ist keine Option. Mit einem Durchschnittsalter von 10,7 Jahren ist die knapp 700 Flugzeuge umfassende Flotte längst zu alt, um noch wirtschaftlich fliegen zu können. Nicht, weil das überdurchschnittlich hohe Alter die Sicherheit gefährdet: Nach einem gesetzlich vorgeschriebenen Plan wird jedes Flugzeugteil rechtzeitig erneuert. Aber es ist wie bei Autos: Je älter das Modell, desto höher der Verbrauch.

Der Durchschnittsverbrauch der Lufthansa-Flotte beträgt 3,9 Liter je 100 Passagierkilometer. Das ist viel zu viel. Kerosin ist der größte Kostenblock im Betrieb einer Airline. Aktuell kostet der Betrieb der Flotte rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat ausgerechnet, dass er diesen Verbrauch dringend auf drei Liter senken muss. Erst dann sind die Kosten des Flugbetriebs wieder beherrschbar.

Das Geschäftsfeld Passage, also der klassische Passagierverkehr, ist von den ständigen Piloten-Streiks am meisten betroffen. Und ausgerechnet dieses Geschäftsfeld hat innerhalb des Konzerns die größten Probleme: Im ersten Halbjahr 2015 lag die Gewinnmarge bei traurigen 1,1 Prozent. Mit 94 Millionen Euro trug es operativ (Ebit) schlappe 20 Prozent zum Konzernergebnis bei, obwohl es über 60 Prozent aller Lufthansa-Geschäfte ausmacht.

Die soeben sanierte Züricher Flug-Tochter Swiss ist nur ein Viertel so groß und macht doppelt so viel Gewinn. Die einzigen anderen nennenswert profitablen Sparten im Konzern sind derzeit die Flugzeugwartung ("Technik") und die Bordverpflegung ("LSG Sky Chefs"). Beide verdienen ihr Geld mit dem Verkauf von Dienstleistungen und Produkten an andere Kunden und brauchen keine Piloten.

Und dabei hat die Lufthansa derzeit noch Glück: Flugbenzin ist so günstig wie lange nicht mehr, Währungseffekte und neue Abschreibungsregeln spielen ihr momentan in die Hände. Etwas verkürzt wird die aktuelle Lage der Lufthansa derzeit oft als "Überlebenskampf" beschrieben. Bezogen auf ihren aktuellen Zustand stimmt das nicht. Ihr Wettbewerber Air Berlin macht gerade einen Überlebenskampf durch: Deren Eigenkapital liebt aktuell über eine halbe Milliarde Euro im Minus. Würde Air Berlin liquidiert, blieben nichts als Schulden übrig.

So weit ist die Lufthansa noch nicht. Aber sie lebt von der Substanz. Und wenn sie ihre Kostenbasis nicht entscheidend senkt, gerät auch sie im Wettbewerb mit den staatlich subventionierten Airlines vom Golf und den extrem agressiven Billigfliegern wie Ryanair, die von vornherein mit spektakulär niedrigen Kosten in den Markt gegangen sind, in Lebensgefahr. Die Kappung der Pilotenbezüge sind bei dieser Rosskur nur der Anfang.

(tor)
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