Bernd Riexinger Linkenchef: Mindestlohn muss schnell auf zehn Euro steigen

Berlin · Ab Neujahr gilt der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Geht es nach der Partei "Die Linke" soll er schnell auf zehn Euro steigen. Zudem befürchtet die Partei, dass die Vorgabe vielerorts von den Arbeitgebern unterlaufen werde.

 Bernd Riexinger will den Mindestlohn auf zehn Euro anheben.

Bernd Riexinger will den Mindestlohn auf zehn Euro anheben.

Foto: dpa, rje soe

"Das Probleme wird sein, dass der Mindestlohn in vielen Betrieben nicht gezahlt wird, wenn die Leute nicht klagen", sagte Parteichef Bernd Riexinger der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Zudem könnten die Arbeitgeber versuchen, Weihnachts- oder Urlaubsgeld auf den Mindestlohn anzurechnen. Auch bestehe die Gefahr, dass Beschäftigte in Bereichen, wo es keine Zeiterfassung gibt, quasi unbezahlt länger arbeiten müssten und damit ebenfalls nicht auf 8,50 Euro pro Stunde kämen.

Riexinger forderte daher effektivere Kontrollen. "Die Gewerbeaufsichtsämter müssen die Kompetenz kriegen, die Einhaltung des Mindestlohns zu kontrollieren", sagte er und fügte hinzu: "Auch die Gewerkschaften sind gut beraten, auf die Einhaltung zu achten." Nach dem Mindestlohn-Gesetz der großen Koalition wird für die Kontrollen der Zoll zuständig sein.

Die Linken-Fraktion im Bundestag werde ein Beschwerdetelefon einrichten, kündigte Riexinger an. Seine Partei werde zudem weiterhin politisch gegen die vielen Ausnahmen vorgehen: "Der Mindestlohn muss flächendeckend sein und kein Schweizer Käse." Ausnahmeregelungen gibt es etwa für Jugendliche, Praktikanten und Zeitungszusteller. Langzeitarbeitslose sollen die ersten sechs Monate in einem neuen Job keinen Mindestlohn bekommen. Dafür habe er "keinerlei Verständnis", so Riexinger.

"Mindestlohn soll auf zehn Euro steigen"

Auch dort, wo er gezahlt wird, werde ein Mindestlohn von 8,50 Euro das Problem der Altersarmut nicht lösen, sagte der Linken-Vorsitzende weiter. "Auch wer 45 Jahre arbeitet, ist bei 8,50 Euro im Alter unterhalb der Grundsicherung." Die Linke werde "dafür kämpfen, dass der Mindestlohn schnell auf zehn Euro ansteigt", bekräftigte er die Position seiner Partei. Riexinger betonte zugleich: "Der Mindestlohn ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung." Er glaube, "dass die Linke einen hohen Anteil daran hat".

Ungeachtet des Mindestlohns müssten die regulären Tarifverträge wieder zur Normalität werden, forderte er weiter. Anstelle eines Tarifeinheitsgesetzes, das das Streikrecht einschränkt, hätte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lieber ein Gesetz machen sollen, in dem die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen zur Regel wird.

Riexinger zog zudem eine vernichtende Bilanz der seit zehn Jahren geltenden Hartz-Gesetze. Die Reform "war die größte, dramatischste Veränderung der Arbeits- und Lebensverhältnisse in der Nachkriegszeit", sagte Riexinger zu AFP. Die Langzeitarbeitslosen seien nicht aus der Arbeitslosigkeit herausgeholt, "aber extrem sanktioniert und respektlos und würdelos behandelt" worden. Die Hartz-IV-Reformen müssten in weit größerem Umfang zurückgenommen werden, als die SPD das wolle.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert von Deutschlands Arbeitgebern, den neuen Mindestlohn direkt von seinem Start zu Neujahr an komplett umzusetzen. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Der Mindestlohn gilt ab 00.01 Uhr in der Neujahrsnacht - zum Beispiel für die Menschen, die im Hotel- und Gaststättengewerbe in dieser Nacht arbeiten." Die Lohnuntergrenze beträgt 8,50 Euro. Der DGB schalte am 2. Januar eine bundesweite Telefon-Hotline (0391/4088003). Eine weitere Hotline hat das Bundesarbeitsministerium geschaltet 030/60280028).

(AFP)
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