Steuern Wie simple Systeme funktionieren

Düsseldorf (rpo). Steuern zahlt niemand gerne. Im beginnenden Wahlkampf überbieten sich die Parteien deshalb gegenseitig mit Vorschlägen zur Steuerpolitik. Ob Reichensteuer, Stufensteuer, Mehrwertsteuer - alles steht zur Diskussion. Ein Blick über den Tellerrand der nationalen Grenzen könnte helfen.

So viel will der Staat vom Bürger
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Im internationalen Vergleich der Steuer- und Abgabenlast steht Deutschland gar nicht so schlecht da. Bei der letzten Erhebung der OECD lag die Bundesrepublik mit 36,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ziemlich genau in der Mitte. Das europäische Vorzeigeland Irland kommt immerhin auf 30 Prozent, am niedrigsten sind die Belastungen in den USA (25,4 Prozent) und Japan (25,4 Prozent).

Bei der Effizienz des Steuersystems liegt Deutschland laut World Economic Forum jedoch an letzter Stelle von 104 untersuchten Staaten. "Die Ineffizienz ist ein Zeichen der Komplexität unserer Steuergesetzgebung", sagt Berthold Welling, Leiter der Abteilung Steuer- und Haushaltspolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Diese Komplexität kostet: Steuerberater, Finanzprozesse und nicht zuletzt Finanzbeamte, sie alle müssen bezahlt werden.

Besonders schädlich für neue Arbeitsplätze ist der Steuer- und Abgabenkeil, der Unterschied zwischen dem, was die Arbeitgeber an Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen zahlen und dem was die Arbeitnehmer nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben erhalten. Dort belegte Deutschland laut einer OECD-Studie von 2004 mit 52 Prozent hinter Belgien (54,5 Prozent) den unrühmlichen zweiten Platz unter den 30 OECD Ländern.

Mit gutem Beispiel voran: Estland

Wie ein simples Steuersystem aussehen kann, zeigt Estland, das es im internationalen Vergleich auf den 6. Platz geschafft hat. Dort gibt es einen Steuersatz von 24 Prozent und einen einheitlichen Steuerfreibetrag. Jeder Unternehmer meldet monatlich an das Finanzamt, was er wem bezahlt hat. Am Jahresende muss dann nur noch addiert werden. Die Steuerpflichtigen kontrollieren die Daten zu 76 Prozent über das Internet. Stimmt die vom Amt errechnete Summe, dann müssen sie nur noch auf den Bestätigungsbutton klicken und bekommen innerhalb von fünf Tagen zuviel gezahlte Beträge erstattet.

Doch auch unsere Nachbarn in den Niederlanden beweisen, dass eine Reform möglich ist. Dort gibt es seit einer Steuerreform von 2001 nur noch vier Steuersätze und drei steuerrelevante Einkommensarten. Die hohen Steuersätze zwischen 32,35 Prozent und 52 Prozent relativieren sich vor dem Hintergrund, dass in den Niederlanden Steuern und Sozialabgaben gemeinsam erhoben werden. Es muss also nicht gleich die Steuererklärung auf dem Bierdeckel sein, ein erster Schritt in Richtung Steuervereinfachung könnte schon helfen.

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