Zulieferer zieht Bilanz Conti will zum Software-Konzern werden

Hannover · Der Automobil-Zulieferer schreibt zum zweiten Mal in Folge rote Zahlen. Der Tiefpunkt, heißt es im Unternehmen, sei nun jedoch überwunden. Den Aufschwung soll Digitaltechnik bringen – doch ausgerechnet da hakt es noch.

 Zäune mit dem Firmenlogo stehen an der Baustelle der neuen Continental-Zentrale. Die Corona-Folgen haben den zweitgrößten Autozulieferer auch 2020 in den roten Zahlen gehalten.

Zäune mit dem Firmenlogo stehen an der Baustelle der neuen Continental-Zentrale. Die Corona-Folgen haben den zweitgrößten Autozulieferer auch 2020 in den roten Zahlen gehalten.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Der Auto-Zulieferer Continental muss digitaler werden – doch alle Grundsätze will man deshalb nicht über Bord werfen. Aus Sicht des neuen Continental-Chefs Nikolai Setzer sollte man das Investment in den Flugtaxi-Anbieter Volocopter daher nicht missverstehen: „Wir streben nicht an, Hersteller von Fahrzeugen oder Flugtaxis zu werden.“

Doch es schadet natürlich nicht, sich potenzielle Märkte der Zukunft anzuschauen. Denn hinter dem nach Bosch zweitgrößten deutschen Zulieferer liegt ein hartes Jahr. Der Umsatz war 2020 um 15 Prozent auf 37,7 Milliarden Euro geschrumpft, unter dem Strich wies Conti für das vergangene Jahr einen Verlust von 962 Millionen Euro aus. Es ist das zweite Jahr in Folge mir roten Zahlen, weshalb die Dividende nun gestrichen werden soll. Der Aktienkurs, der zeitweise auf unter 60 Euro gefallen war, hat sich zwar inzwischen auf rund 120 Euro erhöht. Doch von der Bestmarke von 250 Euro aus dem Jahr 2018 ist man noch weit entfernt.

„Der Tiefpunkt liegt hinter uns“, zeigte sich Finanzchef Wolfgang Schäfer bei der Bilanzpressekonferenz am Dienstag optimistisch. Aus Sicht von Frank Schwope, Analyst bei der Nord LB, sind andere Unternehmen aus der Branche bislang jedoch besser durch die Krise gekommen: „Setzer muss den Konzern stärker weg von der Hardware hin zur Software führen und sich von Randbereichen trennen.“

Und genau das hat der neue Chef, der 2020 den langjährigen Konzernlenker Elmar Degenhart abgelöst hat, vor. „Wir wandeln uns zum Technologie-Unternehmen – Mobilität ist dabei der Schwerpunkt“, sagte Setzer. Während in anderen Bereichen zahlreiche Jobs gestrichen wurden, stellt das Unternehmen daher im Software- und Elektronikbereich auch weiterhin ein. So soll das Ziel erreicht werden, beim automatisierten und autonomen Fahren die Marktführerschaft zu übernehmen.

Schon Setzers Vorgänger hatte mit dem Umbau des Unternehmens begonnen, bevor er nach einem Hörsturz zurückgetreten war. „So einen Job über einen Zeitraum von Monaten mit der halben Leistung zu machen, geht nicht“, hatte Degenhart damals seinen Rückzug gegenüber der „Zeit“ begründet. Wie hoch er im Unternehmen angesehen war, zeigen die Worte, mit denen ihn sein Nachfolger während der Pressekonferenz beschrieb. Er habe, sagte Setzer, Degenhart als Mensch, Führungskraft und Ratgeber immer sehr geschätzt.

Nun muss Setzer vollenden, was Degenhart angeschoben hatte. Unter dem Namen Vitesco sollte ein Teil des Geschäfts an die Börse gebracht werden. Doch die Abspaltung, durch die sich der Konzern von Technologie für Verbrennungsmotoren entledigen könnte, ist nicht vollzogen.

An der Börse wird Conti nur mit rund 25 Milliarden Euro bewertet – das entspricht nicht mal dem Jahresumsatz. Als Software-Unternehmen betrachten Anleger es jedenfalls nicht. Deren Kurs entspricht oft dem 20- oder gar 30-fachen des eigenen Umsatzes. So ist der E-Auto-Hersteller Tesla an der Börse ein Vielfaches von Volkswagen wert, obwohl man nur einen Bruchteil der Fahrzeuge produziert. Analysten bewerten aber das zukünftige Potenzial.

Volkswagen versucht dies gerade zu ändern – doch ausgerechnet der niedersächsische Nachbar Continental bremst dabei. So wirft VW dem Zulieferer vor, im vergangenen Jahr zu spät über Probleme bei der Lieferung von Mikrocontrollern informiert zu haben, wodurch es zu Engpässen in einigen Werken kam. Die Probleme bei der Lieferung von Computerchips werden laut Conti-Chef Setzer auch andauern. Man arbeite an dem Thema, versicherte Setzer: „24 Stunden, sieben Tage pro Woche“. An Arbeit mangelt es Setzer jedenfalls nicht.

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