Düsseldorf 450 Jobs bei TÜV-Bildung bedroht

Düsseldorf · Die 1500 Mitarbeiter der TÜV Nord Bildung GmbH müssen sich auf Kündigungen und harte Einschnitte beim Gehalt einstellen. Die Gesellschaft, die der TÜV erst vor einem Jahr von der RAG erworbenen hat, muss offenbar eine dramatische Lage abwenden. Das geht aus einem Schreiben der TÜV Nord AG an die Mitarbeiter der in Essen ansässigen Bildungstochter hervor, das unserer Zeitung vorliegt. Darin heißt es, der Verlust der vergangenen neun Monate "führte zum vollständigen Eigenkapitalverzehr". Etwa die Hälfte der Bildungszentren könne nicht fortgeführt "und ca. 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können nicht weiterbeschäftigt werden". Darüber hinaus seien "auch Anpassungen in der Vergütungsstruktur notwendig".

Der TÜV Nord betreibt unter anderem Berufsbildungszentren in Aachen, Stolberg, Düren, Heinsberg, Hückelhoven und Erkelenz. In einem anderen Schreiben an die Mitarbeiter aus der Feder des Gesamtbetriebsrates, das unserer Zeitung ebenfalls vorliegt, rechtfertigt der Betriebsrat seine weitgehende Zustimmung zu den Sanierungsmaßnahmen. "Im Falle einer Ablehnung hätte TÜV Nord Bildung Insolvenz anmelden müssen", heißt es in dem Schreiben, das neben der Betriebsrats-Chefin Ulrike Geier auch der IG BCE-Gewerkschafter Marc Welters unterschrieben hat.

Mit dem Gesamtbetriebsrat soll nun ein Sozialplan abgeschlossen werden, mit der IG BCE soll über einen Gehaltsverzicht der Mitarbeiter verhandelt werden. Am 25. Mai soll die Belegschaft um 13.30 im Bildungszentrum Hückelhoven auf einer Vollversammlung über den Sanierungsplan und die nächsten Schritte informiert werden.

Die Verhandlungen über den Sozialplan, die noch andauern, sind pikant. Denn nach der Übernahme der Bildungsgesellschaft von der RAG haben sich Betriebsrat und Arbeitgeber auf einen Beschäftigungsrahmenvertrag verständigt. Darin werden unter Paragraph zwei betriebsbedingte Kündigungen ausdrücklich ausgeschlossen: "Aus Anlass der Übernahme der Geschäftsanteile an der TÜV Nord Bildung GmbH & Co. KG wird keinem bei der TÜV Nord Bildung GmbH & Co. KG und den Tochtergesellschaften angestellten Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab dem 1. 7. 2010 gekündigt."

Der Betriebsrat und die IG BCE relativieren diesen Kündigungsschutz jetzt in ihrem Schreiben an die Mitarbeiter. Die Gesamtbetriebsratsvereinbarung "schließt Kündigungen aus Anlass des Verkaufes aus, aber nicht aus wirtschaftlichen Gründen", heißt es in dem Schreiben von Ulrike Geier und Marc Welters.

Der TÜV Nord begründet die Schieflage seiner zugekauften Tochter mit Sparmaßnahmen der Bundesregierung. Im zweiten Halbjahr 2010 habe man zunehmend die negativen Auswirkungen der Sparpolitik der Bundesregierung zu spüren bekommen. Die Mittelzuweisungen an die Bundesagentur für Arbeit seien deutlich gesenkt worden, "was sich direkt auf die öffentlich geförderten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auswirkte und heute noch auswirkt", heißt es in dem Brief. Allein im zweiten Halbjahr 2010 habe der Verlust fast sechs Millionen Euro betragen, im ersten Quartal 2011 seien weitere 1,7 Millionen Euro Verlust hinzugekommen. Der Aufsichtsrat werde am 18. Mai erneut über das Sanierungskonzept beraten. "Diese Entwicklung war für alle Marktteilnehmer nicht voraussehbar, zumal die Themen Bildung, Demographie und der damit verbundene Fachkräftemangel im politischen Raum dominierend war", entschuldigt sich die Tüv Nord AG.

(RP)
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