Olympia-Sprint am Sonntag Deutsche Biathleten in der Außenseiterrolle

Pyeongchang · Das Duell zwischen Johannes Thingnes Bö und Martin Fourcade elektrisiert die Szene. Die deutschen Biathleten schauen bislang nur verblüfft zu.

  Roman Rees (links) und Erik Lesser.

Roman Rees (links) und Erik Lesser.

Foto: dpa, hpl jbu

Wie paralysiert stand Erik Lesser auf seinen Skiern, als der wohl beste Biathlet der Gegenwart an ihm vorbeirauschte. Johannes Thinges Bö und die Norweger, gab Lesser anerkennend zu, "die waren schon wieder brutal schnell unterwegs." Der 29-Jährige fasste damit den Ist-Zustand im Männer-Biathlon perfekt zusammen: Während die Norweger, allen voran Bö, heftig am Thron des Franzosen Martin Fourcade rütteln, schauen die Deutschen (noch) neidvoll zu.

Ja, die ersten Einheiten im Alpensia Biathlon Centre von Pyeongchang verliefen zwar auch für Lesser und Co. ordentlich, aber vor dem Sprint am Sonntag (20.15 Uhr OZ/12.15 Uhr MEZ) deutet nichts auf ein Ende der französisch-norwegischen Vormachtstellung hin. Hinter Bö, der in dieser Saison achtmal triumphiert hatte, und Fourcade, der sechsmal ganz oben stand, wird wohl mal wieder ein zweiter Wettkampf um Bronze ausgetragen.

"Die beiden legen die Messlatte derzeit sehr hoch", sagte Bundestrainer Mark Kirchner, der neben Lesser noch Simon Schempp, Arnd Peiffer und Sprint-Weltmeister Benedikt Doll in die Loipe schicken wird. Von diesem Quartett haben bislang einzig Lesser (zweimal) und Peiffer (einmal) in diesem Winter das Podest erobert, die eigentliche Nummer eins, Schempp, plagen Rückenprobleme.

Angesichts dieser Vorzeichen ist die Erwartungshaltung im deutschen Lager auch verhalten. Lesser will "in der fittesten Verfassung" an den Start gehen und "die zehn Scheiben umräuchern." Peiffer, mit 30 Jahren und nun drei Olympia-Teilnahmen der erfahrenste Athlet, hofft "auf eine gute Schießleistung. Dann bin ich zufrieden."

Ob das dann allerdings auch für eine Medaille reicht, ist völlig offen. Hinter Fourcade und Bö, die dem Rest der Welt enteilt sind, darf sich mehr als ein Dutzend Sportler berechtigte Hoffnungen auf Edelmetall machen. "Bei uns Männern", sagte Lesser deshalb, "wird ein Fehler direkt knallhart bestraft."

Nicht anders ist das im Duell der Giganten, wo schon wenige Millimeter über Strafrunde und weiße Scheibe, über Gold und Silber entscheiden könnten. Bö (24) und Fourcade (29) haben sich bereits zahlreiche (Nerven-)Schlachten geliefert - eine Prognose? Nicht möglich.

"Ich werde zurückschlagen", sagte Fourcade, der zuletzt sechsmal in Folge den Gesamtweltcup, meistens mit klarem Vorsprung, für sich entschieden hat. Und das ist keine leere Drohung: In seiner Biographie "Mein Traum von Gold und Schnee" gibt der Familienvater tiefe Einblicke, Fourcade verrät, wie sehr er die Duelle mit Widersachern liebt und die Niederlagen hasst. "Er wird noch schneller zurückkommen", fürchtet deshalb auch Bö.

Die erste Gelegenheit bietet sich Fourcade am Samstag, wenngleich der Sprint eher dem Harakiri-Schützen und Laufwunder Bö in die Karten spielt. Doch das ist wohl nur zusätzliche Motivation. "Ich sehe es als meine Verpflichtung an", tönte Fourcade, "durch ihn nur noch besser aufzutreten."

(sid)
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