Pleiten in der Europa League Die Bundesliga muss runter vom hohen Ross

Auf europäischer Bühne tun sich die deutschen Vereine schwer. Die Auftritte sind ein Spiegelbild der durchschnittlichen Bundesliga.

BATE Borisow - 1. FC Köln: die Bilder des Spiels
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0:1 - Kölner Desaster setzt sich auch in Borissow fort

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Foto: dpa, fg kno

Auf den ersten Blick war sie doch gar nicht so schlecht, diese Europapokal-Woche aus deutscher Sicht. Es gab ja immerhin drei Siege durch die Bayern, Leipzig und Hoffenheim. Aber da waren eben auch das enttäuschende Unentschieden des BVB auf Zypern und die beiden nächsten Niederlagen der Europa-League-Sorgenkinder Köln und Berlin. Unter dem Strich verbesserte sich die Bundesliga in der aktuellen Saisonwertung der Uefa von Rang 27 auf 21 aller Mitgliedsverbände, gleichzeitig wuchs aber der Abstand in der Uefa-Fünfjahreswertung damit weiter an auf erneut besser abschneidende Italiener. Stellt sich die Frage: Was fangen wir damit an? Ist all die Schnappatmung und Häme angesichts der "Europapokal-Deppen" angemessen? Nehmen die deutschen Klubs insbesondere die Europa League weniger ernst als ihre Kontrahenten aus anderen Ländern?

Die Antwort auf diese Frage lautet: Alles ist halb so wild. Nicht, weil sich die diesjährige Europapokal-Bilanz damit schönreden ließe. Nein, die Unter-der-Woche-Auftritte der deutschen Vertreter sind einfach nur ein Spiegelbild einer oftmals durchschnittlichen Bundesliga. Diese Bundesliga mag als Gesamtbild ein Premiumprodukt in Sachen Vermarktbarkeit sein, das sportliche Level der 18 Klubs ist im Einzelnen dagegen bis auf die Ausnahmen München und Dortmund in der Regel nicht dazu angetan, auf dem hohen Ross durch Europa reiten zu können.

Natürlich ist die Bundesliga stärker als die weißrussische Liga. Aber warum muss ein 1. FC Köln deswegen zwingend bei Bate Borissow gewinnen, einem Spitzenklub, der 2012 auch mal die Bayern in der Champions League schlug und Spieler beschäftigt, die dank eines Mäzens auch im internationalen Vergleich gutes Geld verdienen? Ein 1. FC Köln, der im Vorjahr vor allem dank eines Anthony Modeste über seinen Verhältnissen als Fünfter einlief und nun unter seinen Verhältnissen den schlechtesten Start der Bundesligageschichte hingelegt hat?

Ja, die Bundesliga ist auch stärker als die ukrainische Liga. Aber warum muss Hertha BSC zwingend bei Sorja Luhansk, ebenfalls einem Mäzen-finanzierten Klub gewinnen? Die Hertha, die in der Liga inzwischen in die Abstiegszone gerutscht ist und seit Jahren mit aller Macht das Image der grauen Maus abzulegen versucht? "Wir müssen eine Analyse machen, ob wir überhaupt reif sind, in der Europa League mitzukicken", sagt Herthas Trainer Pal Dardai. Er spricht damit Wahres aus.

Außer den Bayern ist keine Bundesligamannschaft in der Lage, die Startelf so durchzuwechseln, dass bei der Dreifachbelastung aus Liga, DFB- und Europapokal kein personeller Qualitätsverlust entsteht. Eine solide, gute erste Elf bekommt jeder Erstligist hin, vielleicht auch einen Kreis von 14,15 Spielern, aber spätestens danach sinkt das Niveau. Das ist okay, weil eben damit einhergeht, dass Kaderplätze für förderwürdige Talente freigehalten werden, aber man muss es dann auch so benennen.

Wer es positiv formulieren möchte, kann sagen, die Bundesliga sei so ausgeglichen wie nie. In der Tat drängt sich der Eindruck auf, irgendwie könne fast jeder fast jeden schlagen. Oft entscheidet die Tagesform von Einzelkönnern über den Sieg. Oft gewinnt der weniger Schlechte. Nur die ersten drei der Tabelle haben mehr als die Hälfte ihrer bisherigen acht Saisonspiele gewinnen können. Das Mittelfeld ist heute mehr denn je die größte Tabellenregion der Bundesliga, man könnte auch sagen, das Mittelmaß. Und die Vertreter dieses Mittelmaßes treffen in der Europa League eben auf ihre Artgenossen. Mehrere Dutzend Vereine, in deren Duellen letztlich auch jeder jeden schlagen kann.

Man muss deswegen nicht jubeln, wenn deutsche Europacup-Starter reihenweise verlieren, aber man kann es einordnen. Sofern man das hohe Ross verlässt.

(klü)
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