Borussia Mönchengladbach Zypern und zurück in 24 Stunden

Mönchengladbach · Sie starteten am Donnerstag in aller Frühe zu Borussias erstem Europa-League-Spiel und flogen vergangene Nacht zurück. RP-Reporter Christian Spolders begleitete die Borussia-Fans nach Nikosia. Er erlebte eine Strandbar in Borussia-Hand, einen Gladbacher Piloten, sangeslustige Fans – und ein 0:0.

Borussias Fans feiern bei Europa-League-Spiel auf Zypern
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Borussias Fans feiern bei Europa-League-Spiel auf Zypern

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Foto: Christian Spolders

Sie starteten am Donnerstag in aller Frühe zu Borussias erstem Europa-League-Spiel und flogen vergangene Nacht zurück. RP-Reporter Christian Spolders begleitete die Borussia-Fans nach Nikosia. Er erlebte eine Strandbar in Borussia-Hand, einen Gladbacher Piloten, sangeslustige Fans — und ein 0:0.

Die Mission dauert 24 Stunden, alles ist genau durchgeplant — und doch gibt es eine große Unwägbarkeit, denn es geht um Fußball. Es sind diese 90 Minuten plus Nachspielzeit, weswegen wir überhaupt hier sind. Borussia tritt in ihrem ersten Gruppenspiel der Europa League bei AEL Limassol an. Das Protokoll eines langen Tages.

6.17 Uhr Nach und nach trudeln die Gladbach-Fans am Düsseldorfer Flughafen ein. Der Check-in für Flug AB 1004 nach Larnaka läuft. Das Fanprojekt des Bundesligisten und das First Reisebüro haben das Flugzeug gemietet, um die Anhänger zum Spiel zu bringen. Kosten pro Fan: 489 Euro. Dafür darf man einen Auswärtssieg fordern.

8.01 Uhr Bis zum GSP-Stadion in Nikosia, wo der Meister Zyperns seine Europapokalgegner empfängt, sind es vom Borussia-Park 2794 Kilometer Luftlinie. Der Kapitän (es ist nicht Filip Daems) wünscht einen angenehmen, mehr als vierstündigen Flug.

8.41 Uhr Das Fanprojekt-Team um Matthias Neumann vom Fanprojekt verteilt 11.247 Meter über den Alpen die Eintrittskarten. 186 Fans sind mit an Bord. "Wer nicht hüpft, der ist ein Kölner" — der Pilot ist aus Gladbach und sagt, dass hüpfen erlaubt ist. Das ist allerdings schwer, wenn man angeschnallt auf seinem Platz sitzt. Eine 0,33-Dose Bier kostet drei Euro — darum reicht der Vorrat. Sehen Sie hier ein Video der Fans im Flugzeug.

11.42 Uhr Ankunft in Larnaka, 31 Grad, die Frisur sitzt nicht, denn es ist windig. Die Klamotten auch: kurze Hosen, kurzärmeliges Trikot — aber Schal. Logik aller Fußball-Fans.

14.59 Uhr Vizepräsident Rainer Bonhof und Geschäftsführer Stephan Schippers kommen in die Bar und begrüßen die Fans. Sie schütteln viele Hände, plaudern ein wenig und stellen sich schwitzend für Erinnerungsfotos zur Verfügung.

15.15 Uhr Die Zeit zur freien Verfügung nutzen die meisten Gladbacher nicht, um sich über das Land zu informieren, sondern um das Land in Form von Sangesdarbietungen über Gladbach zu informieren. Einen Liter dänisches Bier gibt es für sechs Euro. Davon ist genug da.

16.28 Uhr Aufstehen, strammstehen. Was zählt, ist die Mission. Einige nun mutige Halbstarke fordern die Busfahrer in unfreundlichem Ton dazu auf, dass sie endlich losfahren sollen. Dabei sind es noch mehr als zweieinhalb Stunden bis zum Anstoß. Bis zum Stadion in Nikosia, 45 Kilometer Richtung Nordwesten im Landesinneren, brauchen sie gute 45 Minuten. Alles wird gut.

18.58 Uhr Im Stadion gibt es kein Bier, denn die Europäische Fußball-Union Uefa meint, dass die Mischung aus Alkohol und Fans gefährlich ist. Als gefährlich empfinden die etwa 800 Gladbacher im Gästeblock die Mischung, die Trainer Lucien Favre für die Aufstellung gewählt hat.

19.24 Uhr Au weia! Marc-Andre ter Stegen liegt auf dem Boden. Aufregung in der Kurve, wenige Meter vom Schauplatz seines Leidens entfernt. Rui Miguel hatte ihn da unsangefahren. Aber MAtS macht weiter. Dafür wird der Torwart natürlich gefeiert.

19.51 Uhr Halbzeit. Statt Brezeln und Bratwurst gibt es auf Zypern Nüsse, Popcorn und Cola für die Fans. Das hat was von Kino. Was die Fans mit dem Geschehen auf dem Rasen anfangen sollen, das wissen sie noch nicht so recht. Gar nicht im Trend ist Pyrotechnik. Die heimischen Fans, die im GSP-Stadion ja auch nur Gäste sind, und auch die Gladbacher verzichten auf Bengalos — wohl auch, weil es die Feuerwerkskörper erst gar nicht erst durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen geschafft haben.

20.54 Uhr Elfmeter, und das in der siebten Minute der Nachspielzeit! Die Fans liegen sich in den Armen. Das wird der Siegtreffer! Aber dann kracht es. Latte. Oscar Wendt hat verschossen. 0:0-Gesichter überall. Trostlos.

20.55 Uhr Abpfiff — zumindest für den Teil der Reise, weswegen wir hier sind. Leider gab es wenig Fußballkunst und keine Tore. Darum fehlt das i-Tüpfelchen. Fan-Risiko.

21.32 Uhr Vom Stadion aus geht es mit vier Bussen zurück zum Flughafen. Die meisten nun deprimierten Fans nutzen das Angebot des Fanprojekts, und fahren in eine Taverne. Für 20 Euro gibt es doch noch etwas Landeskost: Wein aus den Bergen im Landesinneren und Mezes (kalte und warme Appetithäppchen) sind inklusive. Oliven, Fleisch, Brot mit Gurken und Tomaten.

22.45 Uhr Auf dem Fernseher in der Taverne flimmern die Bilder vom 0:0 über die Mattscheibe. Darunter auch Wendts Fehlschuss. Wieder fassungslose Gesichter unter den Fans. So ist das Leben.

23.59 Uhr Rückkehr zum Flughafen, denn für 2 Uhr bittet der Kapitän (erneut ist es nicht Filip Daems) zum Abflug. Die vier Stunden werden von den meisten genutzt, um zu schlafen. Eine 24-Stunden-Mission ist anstrengend — und macht sehr müde.

6.10 Uhr Ankunft in Düsseldorf. Erschöpfte Gesichter überall. Natürlich hatten sich die Fans das vom Ergebnis her anders vorgestellt. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. "Wir sehen uns in Marseille", sagt ein Fan zum Abschied. Die Mission wird nicht nur schwieriger, sondern auch länger: Die Busse des Fanprojekts starten Mittwochabend und kehren Freitagmittag nach Gladbach zurück. Auf ein Neues!

(seeg/spol)
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