Formel 1 in Deutschland 258 Millionen Euro für den neuen Ring

Nürburgring. (RP). Die Formel 1 ist zu Gast auf dem Nürburgring. Gestern weihte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck das so genannte Erlebnis- und Geschäftszentrum an der Rennstrecke ein.

Umgebauter Nürburgring eröffnet
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Die vielen Fußspuren auf dem roten Teppich, über den die Gäste der Eröffungsfeier gehen müssen, machen deutlich: Hier wird noch gearbeitet. Auch vier Tage vor dem Formel-1-Gastspiel am Nürburgring (Sonntag, 14 Uhr/Live-Ticker) ist das ins Gerede gekommene Erlebnis- und Geschäfts-Zentrum nicht fertig.

Für die einen ist es die Vision einer besseren Zukunft, für die anderen ein 258-Millionen-Euro-Grab. Kurt Beck (SPD), Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, das zu 90 Prozent an der Nürburgring GmbH beteiligt ist, verteidigt das Projekt, dessen gescheiterte Pivat-Finanzierung zum Rücktritt des Finanzministers Jürgen Deubel (SPD) geführt hatte.

"Ich werde nicht zulassen, dass diese große Chance für die Eifelregion und unser Land kaputt geredet wird", sagt der gelernte Elektriker. Natürlich habe man gehofft, bessere Konditionen zu bekommen. "Aber dem Steuerzahler ist kein Schaden entstanden", betont Beck.

"Wir hätten die besseren Konditionen gerne genutzt, aber auch so haben wir gute", bekräftigt der Landesvater. Nun werde das Projekt, an dem immerhin 68 Firmen aus der engeren Region beteiligt sind oder waren, wie zu Beginn geplant über Kredite zu staatlichen Bedingungen finanziert.

Zwei Hotels, ein Ferienpark mit über 100 Häusern, das Eifeldorf "Grüne Hölle" mit einer Großdisco (1500 Personen) und acht Restaurants, Spielcasino, überdachter Boulevard mit Shops und Ausstellungsräumen, Event Center, Mehrzweckhalle (5000 Plätze), in der morgen Abend der Leverkusener Felix Sturm um die Mittelgewichts-WM boxt, die schnellste Achterbahn der Welt (von null auf 215 in 2,5 Sekunden) sowie ein ganzjähriger Erlebnispark — all diese Neuerungen sollen pro Jahr 500 000 Menschen zusätzlich in die Eifel locken (bisher rund zwei Millionen).

"Hier ist etwas Einmaliges entstanden. Und Einzigartigkeit ist die Voraussetzung für Erfolg", sagt Walter Kafitz. Noch Anfang des Monats hatte der Pfälzer, Geschäftsführer der Nürburgring GmbH seit 1994, gehofft, schon im nächsten Jahr schwarze Zahlen schreiben zu können. Doch da hatte er noch geglaubt, dass Privatinvestoren die Hauptlast tragen und der Nürburgring für 27 Jahre lang "nur" als Mieter auftritt. Rund 50 Millionen Euro sollten laut Ex-Finanzminister Deubel gespart werden.

Doch der Schweizer Urs Barandun, der den 170-Millionen-Deal mit dem Finanzdienstleister Pinebeck in trockene Tücher bringen sollte, erwies sich als unzuverlässig. Zugesagte Gelder trafen nicht ein. Vorwürfe, dass Barandun nicht vertrauenswürdig sei, waren seit einiger Zeit bekannt, aber erst als der Schweizer Boulevardblatt "Blick" vor wenigen Tagen meldete, der Geschäftsmann stehe in Dubai wegen eines ungedeckten 1,4-Millionen-Schecks vor Gericht, zog Ministerpräsident Beck die Reißleine. Die 95 Millionen Euro, die man als Liquiditäts-Nachweis in der Schweiz hinterlegen musste, sollen angeblich wieder zurückfließen.

Bei der Eröffnung aber ist offenbar keine Zeit für Zweifel und Kritik. 500 Arbeitsplätze würden auf Dauer geschaffen, die Attraktivität der Region gesteigert, sagt Ring-Geschäftsführer Kafitz. Man habe das Ziel erreicht, sich für die Zukunft zu wappnen. In den Dörfern und Städten rund um die Nürburg glauben nicht alle an solche Prognosen.

Die Angst, letztlich doch für eine Investitionsruine geradestehen zu müssen, ist allgegenwärtig. 28 Millionen Menschen, hat Kafitz errechnen lassen, leben in einem Umkreis von rund zwei Autostunden. Aus dem Potenzial hofft er seine neue Kundschaft zu bekommen — und das auch im Winter, in einer Gegend, die man auch "Deutschlands Sibirien" nennt.

Weitsicht oder Größenwahn — die Antwort wird es bald geben.

(RP)
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