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Marcel Nguyen im Interview „Wir teilen uns die Führungsrolle“

Düsseldorf · Marcel Nguyen (30) spricht vor der Turn-EM 2018 über die Hierarchie im Nationalteam und die Position des Mannschaftsführers nach dem Karriereende von Fabian Hambüchen.

 Marcel Nguyen bei Olympia 2016 in Rio.

Marcel Nguyen bei Olympia 2016 in Rio.

Foto: dpa, hpl

Marcel Nguyens Stimme klingt entspannt, ein wenig erschöpft vielleicht an diesem Abend, vom Training. Im Bundesleistungszentrum Kienbaum bei Berlin bereiten sich die Kunstturner auf die EM vor. Angeführt wird das Quintett von ihm, dem 29-Jährigen, der jüngst beim Vierländerkampf überzeugt hat und das Team zum Sieg führte.

Marcel Nguyen, wie ist momentan die Stimmung im Team?

Marcel Nguyen Eigentlich gut soweit. Wir sind alle fit, es gibt wenige Verletzungen gerade. Wir bereiten uns vor und freuen uns schon auf die EM.

Das heißt, Sie verbringen gerade auch Zeit mit Freunden? Oder sind das einfach nur Teamkollegen?

Nguyen Das Verhältnis ist auf jeden Fall freundschaftlich. Ich komme mit allen in der Mannschaft auch privat sehr gut aus. Wir kennen uns schon ewig, die meisten kenne ich seit dem Juniorenbereich.

Verbringen Sie auch Freizeit zusammen?

Nguyen Dadurch, dass wir die meiste Zeit in ganz Deutschland verteilt sind, sehen wir uns zwischen Trainingslagern nicht so oft. Aber mit Andreas Toba feiere ich meistens Silvester, und mit Andreas Bretschneider war ich letztens noch im Urlaub.

Klingt nach einem guten Klima. Nun steht wieder eine EM ohne Fabian Hambüchen an. Wie ist es für Sie, der neue Leader der Mannschaft zu sein?

Nguyen Ich sehe mich eigentlich nicht in der Rolle. In Andreas Toba und Andreas Bretschneider sind da noch andere Jungs mit viel Erfahrung. Wir teilen uns die Führungsrolle.

War das früher mit Hambüchen im Team auch so? Oder standen sie alle in seinem Schatten?

Nguyen Fabi war schon der, der unsere Sportart in den Fokus gerückt hat. Deswegen war viel Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet. Und trotzdem sind wir immer als Team an die Aufgaben gegangen. Mit Sicherheit war da ein Schatten. Fabi hat aber auch immer Erfolge gehabt. Und es kam ja auch eine Zeit, in der ich erfolgreicher wurde, da hat sich das aufgeteilt. Es hat jeder seinen Platz gehabt.

Schauen junge Turner zu Ihnen auf?

Nguyen Ich denke schon, dass ich in gewisser Weise ein Vorbild für die jüngeren bin. Ich versuche, meine Erfahrungen mit ihnen zu teilen und sie auf die Aufgaben vorzubereiten.

Hilft es, dass der eine Star weg und das Team jetzt ausgeglichener ist?

Nguyen Helfen ist vielleicht nicht das richtige Wort. Fabi war schon immer eine Stütze, auf die man sich verlassen konnte. Es ist eine andere Situation, aber schauen wir mal. Er hatte seine Schwäche am Pauschenpferd. Mit Nils Dunkel hat ein Youngster einen Platz im Team erhalten, der am Pferd stark ist.

Können Sie um EM-Gold mitkämpfen, oder wer ist Favorit?

Nguyen Gold ist schon unrealistisch. Die Russen waren beim Länderkampf nicht dabei, und die sind schon die stärkste Nation momentan. Aber mit der Mannschaft können wir um eine EM-Medaille kämpfen.

Was erhoffen Sie sich?

Nguyen Der Mannschaftswettbewerb ist mir wichtig. Im Einzel habe ich sicher eine Chance ins Barrenfinale zu kommen. Es gehört aber immer auch ein bisschen Glück und Tagesform dazu.

Zumindest im Sozialen Netz haben Sie Hambüchen und alle anderen deutschen Turner überholt. Bei Facebook folgen Ihnen fast 300.000, bei Instagram mehr als 77.000 Menschen.

Nguyen Das freut mich natürlich, und ich freue mich immer, wenn ich unsere coole und schön anzusehende Sportart auf so einer Plattform vermarkten kann.

Wie empfinden Sie das Interesse am deutschen Turnen?

Nguyen Mit anderen Sportarten ist das Turnen kaum vergleichbar. Beispielsweise kam vor ein paar Tagen die Deutsche Meisterschaft der Leichtathletik im Fernsehen, ich weiß nicht, wie viele Stunden übertragen wurden. Es wäre cool, wenn das bei uns auch mal der Fall wäre. Aber bei Olympia und auch zwischendrin bei Wettkämpfen sieht man, dass das Turnen einen hohen Stellenwert hat.

Sie sind 30 Jahre alt und gelten als Routinier. Passt das zu Ihrer Selbstwahrnehmung oder ist da noch viel jugendlicher Erfolgshunger?

Nguyen Teils, teils. Ich habe noch viel Lust und Spaß, sonst würde ich es auch nicht mehr machen. Aber ich merke in vielen Situationen, dass ich mehr Erfahrung habe als früher. Zum Beispiel im Training, da brauche ich weniger Versuche und ein geringeres Pensum, turne dafür aber konzentrierter.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass deutsche Turner auch in Zukunft, etwa bei den Spielen 2020 in Tokio, wieder große Erfolge feiern?
Nguyen Ich glaube an meine Mannschaft. Wir haben richtig gute Jungs hier. Andreas Bretschneider hat eine starke Reckübung, ihm traue ich zu, damit ins Olympiafinale zu kommen und eine Medaille zu holen. Es sind noch andere da, die alle individuelle Stärken haben. Ich hoffe, dass wir uns weiter verbessern.

Und Ihre Ambitionen?
Nguyen Wenn wir als Team nochmal um eine Olympiamedaille kämpfen können, das wäre mein Traum.

(ball)
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