Altes Image der Staatsbehörde abgelegt Von der Kutsche zum Konzern

Bonn (dpa). Wer sich für die „Aktie Gelb“ interessiert, sollte das Image der alten Staatsbehörde schnell vergessen. Denn damit hat das Unternehmen mit dem neuen Dachnamen Deutsche Post World Net kaum noch etwas gemein, auch wenn es als Logo immer noch das traditionelle Posthorn pflegt.

Aus der Deutschen Bundespost ist nach zehn Jahren erfolgreicher Privatisierung ein sanierter multinationaler Konzern geworden. Staatsdiener werden auch keine mehr eingestellt. Und der letzte Beamte wird im Jahr 2040 in Pension gehen.

Zum Börsengang präsentiert sich die Post als dynamisch-globaler Konzern mit den vier Säulen Brief, Express/Paket, Logistik und Finanzdienstleistungen (Postbank). Und Vorstandschef Klaus Zumwinkel wird nicht müde, das Ziel zu betonen, in der Logistikbranche die Nummer eins weltweit zu werden.

Da der Logistikmarkt als boomende Zukunftsbranche gilt, soll dies der Post-Aktie mit den Wachstums- und Gewinnaussichten Aussichten auf hohe Kurssteigerungen geben. Dies wird von Analysten aber als „Etikettenschwindel“ kritisiert, da die Post noch lange nicht der „Global Player“ im Logistikbereich sei, für den sie sich ausgebe. Im Umsatz macht dieser Sektor derzeit rund ein Viertel aus.

Vom traditionellen Briefgeschäft und überlasteten Zustellern ist zwar in der Aktien-PR kaum die Rede. Aus den Bilanzen geht aber hervor, dass ohne die größtenteils monopolgeschützte Briefbeförderung und die politisch sanktionierte Portohöhe das Unternehmen bei weitem nicht so gesund dastünde. Fast der gesamte Gewinn stammt nach wie vor - im Jahr 1999 rund 85 Prozent - von dieser „Melkkuh“.

Davon will Zumwinkel wegkommen. Bis spätestens 2005 sollen die Gewinne nur noch zur Hälfte aus dem Briefsektor kommen. Damit will er auch den Risiken des Wettbewerbs vorbeugen. Denn das Monopol für Standardbriefe bis 200 Gramm, das vor Konkurrenten schützt, läuft Ende 2002 aus. Auch bei der Höhe des Portos könnten dann Abstriche folgen. Schon eine Portosenkung um zehn Pfennige würde den gesamten bisherigen Jahresgewinn aufzehren.

Der Konzernumbau bleibt auch deshalb auf der Tagesordnung. Dafür habe sich die Post auf den Zukunftsmärkten bereits gut positioniert, urteilen Analysten übereinstimmend. Die zahlreichen Akquisitionen müssten aber erst noch mit hohen Kosten integriert werden.

Die Mehrheitsübernahme des marktführenden Expressunternehmens DHL International (für 1,7 Milliarden DM) war ein zentraler Baustein bei den Zukäufen. Damit kann die Post das weltweite DHL-Netz in 228 Ländern nutzen und auch in Amerika und Asien Fuß fassen. Zuvor kaufte die Post das führende amerikanische Luftfrachtunternehmen Air Express International (AEI), das in rund 150 Ländern tätig ist.

Auch im Wachstumssektor E-Commerce peilt die Post (PR-Sprüche: „Bestellte Waren müssen auch geliefert werden“ und „vom Mausklick bis zur Klingel“) eine führende Partnerrolle als Dienstleister an. Für den Bereich wurde eine eigene E-Business Holding gegründet. An die Internet-Technologie hat sich die Post unter anderem mit dem Marktplatz eVITA und einer Risikokapitalgesellschaft für Start-ups angekoppelt.

Vor allem in Europa hat die Post zahlreiche Paket- und Kurierdienste sowie das Schweizer Logistikunternehmen Danzas aufgekauft und sich als Marktführer im Paket- und Expressgeschäft etabliert. Weitere Zukäufe sind geplant. Die Mittel dafür sind vorhanden, auch wenn der gesamte Erlös aus der Börseneinführung nur dem Bund zufließen wird. Schrittweise will die Post weitere Liegenschaften veräußern. Und gerade hat sie sich noch in einem Vorratsbeschluss eine Kapitalerhöhung von rund 80 Millionen neuen Aktien genehmigen lassen, die sie bei Bedarf platzieren kann.

Mit deutlichen Steigerungen bei Umsatz und Gewinn, die zielgenau zum Börsengang erreicht wurden, stellt sich die Post als solides und gewinnträchtiges Unternehmen dar. Nachdem der Umsatz 1999 bereits sprunghaft - vor allem dank der Übernahmen und Zukäufe - auf 22,4 Milliarden Euro (1998: 14,6) gestiegen war, wird er dieses Jahr voraussichtlich mehr als 30 Milliarden Euro erreichen. Der Gewinn wurde im 1. Halbjahr 2000 gleich um 141 Prozent auf rund 1,4 Milliarden Euro gesteigert. Allerdings ist dieses Ergebnis auch darauf zurückzuführen, dass weniger in die Pensionskasse bezahlt werden musste.

(RPO Archiv)
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