Paris Präsident ohne Mehrheit

Paris · Jetzt beginnt der Wahlkampf für die Parlamentswahl. Dabei zeichnen sich harte Zeiten in der nächsten Nationalversammlung ab.

Schon vor seiner Wahl zum Präsidenten hatte Emmanuel Macron die nächste Hürde im Blick: den noch schwierigeren Sieg bei den Parlamentswahlen im Juni. Er wolle eine Mehrheit für eine Regierung und eine Transformation schaffen, hatte der 39-Jährige am Abend der ersten Wahlrunde bereits gesagt. Hinter den Kulissen wird viel diskutiert über eine solche Mehrheit, der sich nach den Vorstellungen des Kandidaten Vertreter der Sozialisten und Konservativen anschließen könnten. Eine Bedingung stellte Macron allerdings schon: wer für seine Bewegung "En Marche!" antreten will, muss sich von einer anderen Partei lossagen.

Rund 14.000 Kandidaturen hat "En Marche!" gesammelt. Macron will, dass die Hälfte seiner Bewerber aus der Zivilgesellschaft kommen und nicht aus dem traditionellen Politikbetrieb. Doch die Polit-Neulinge dürften sich schwertun gegen die lange in ihren Wahlkreisen verankerten Vertreter der etablierten Volksparteien. Vor allem, weil sie nicht auf dieselbe Struktur und dieselben Geldtöpfe zurückgreifen können wie ihre Konkurrenten.

Macron selbst ist inzwischen so weit, seine erst vor einem Jahr gegründete Bewegung in eine Partei umzuwandeln. Aber auch dann dürfte er Schwierigkeiten haben, eine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung zu bekommen. Bei einem Misserfolg droht ihm entweder eine Kohabitation, also die politische Zwangsehe mit der Opposition, oder eine Art Koalitionsregierung nach deutschem Vorbild. Für die Kohabitation bot sich bereits der frühere Finanzminister François Baroin als Regierungschef an. "Wenn die Franzosen sich für eine konservative Regierung entscheiden, bin ich bereit, Premierminister zu werden", sagte der 51-Jährige, der Ex-Präsident Nicolas Sarkozy nahesteht. Auch wenn der konservative Kandidat François Fillon in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl nur einen dritten Platz erreicht hat, hat seine Partei doch gute Voraussetzungen, die Parlamentswahlen zu gewinnen.

Eine weitere dramatische Niederlage dürften dagegen die regierenden Sozialisten erleiden, die derzeit mit 285 Abgeordneten die größte Fraktion in der Nationalversammlung stellen. In der neuen Volksvertretung könnten es nur noch 50 sein, die mehrheitlich mit Macron zusammenarbeiten. Ein Angebot dafür kam bereits vom Ex-Regierungschef Manuel Valls: "Wir müssen uns an der Regierungsmehrheit beteiligen, die es zu schaffen gilt", so der 54-Jährige. Klar in die Opposition gehen will der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. Am rechten Rand positioniert sich Marine Le Pen. Auch wenn ihr Front National im Juni deutlich weniger Abgeordnetenmandate gewinnen sollte, könnte er eine starke Fraktion in der neuen Nationalversammlung bilden. Die Zeiten, in denen die Le Pen-Partei mit nur zwei Abgeordneten vertreten war, sind auf alle Fälle vorbei.

(lon)
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